Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

zm114 Nr. 20, 16.10.2024, (1724) 58 | PRAXIS dann allerdings nur auf den räumlichrelevanten Schutzbereich, in dem die Praxis Patienten behandelt.“ Wichtig ist, dass der Praxisname unterscheidungs- beziehungsweise kennzeichnungskräftig ist. Rein beschreibende Zeichen, etwa Logos, können zwar verwendet werden, vermitteln aber keinen Schutz vor Nachahmung. Das bedeutet, dass die Verwechslungsgefahr nicht gegeben ist. „Die Unterschiede müssen also groß genug sein. Auch spielt es dann keine Rolle, ob ein räumlicher Abstand zwischen den Praxen gegeben ist, denn der Schutz der eingetragenen Marke gilt bundesweit. Gleiches gilt für Behandlungsschwerpunkte“, stellt Buse klar. Für eine registrierte, sprich geschützte Marke, können immer markenrechtliche Ansprüche erwirkt werden. Eine nicht lizenzierte Nutzung ist tatsächlich eine Rechtsverletzung, die geahndet werden kann. Im Fall von Dr. Chmurzinski und weiteren betroffenen Praxisinhabern (siehe Kästen) weist der Name „Mundart“ zwar eine Allgemeingültigkeit auf, wurde aber dennoch erfolgreich abgemahnt. Ein vermeintlicher oder sogar konkreter Schaden durch die Mehrfachnutzung des Praxisnamens muss übrigens nicht nachgewiesen werden, fügt Buse hinzu. First come, first served Im Markenrecht gilt der Prioritätsgrundsatz – wer als erster eine Marke angemeldet oder ein Unternehmenskennzeichen benutzt hat, kann gegen spätere Benutzungshandlungen oder Markenanmeldungen vorgehen, sagt Buse. Und muss eine offizielle Eintragung im Register vorhanden sein, um Ansprüche zu erheben? „Nein, denn es gibt neben eingetragenen Marken auch nicht eingetragene geschäftliche Bezeichnungen gemäß Paragraf 5 des Markengesetzes. Danach kann zum Beispiel der Praxisname einer Zahnarzt-GbR als Unternehmenskennzeichen markenrechtlichen Schutz genießen, mit der Konsequenz, dass auch aus einem solchen Zeichen Ansprüche wie Schadensersatz oder Unterlassung resultieren“, betont der Fachanwalt. Allerdings ist der Schutz aus diesem Unternehmenskennzeichen oft örtlich begrenzt. Wenn eine Praxis nur in München tätig ist, kann sie sich gegen eine Benutzung des identischen Zeichens in Kiel nicht zur Wehr setzen. Eine eingetragene deutsche Marke gilt hingegen im gesamten Bundesgebiet. LL FALLBEISPIEL 3 „IST EIN SOLCHES VORGEHEN FAIR?“ Auch Karolina Pichlmeier, Zahnärztin aus Buchbach in Bayern, wurde Anfang des Jahres im Rahmen der ersten Klagewelle angeschrieben. „Ich dachte zuerst, das sei ein Scherz! Wer lässt denn seine Kollegen von einem Anwalt wegen ihres Namens zur Kasse bitten? Ich hatte keinerlei Kontakt zu der Frau am anderen Ende der Republik und wusste erst einmal nicht, wie ich auf die Forderung reagieren sollte. Sollte ich dort anrufen? Oder zurückschreiben?“, erzählt sie von ihrem ersten Schrecken. Sie entschied sich, selbst einen Fachanwalt für Patentrecht zu kontaktieren und bat ihn um eine Einschätzung der Kosten – „und vor allem auch der Chancen, meinen Praxisnamen ohne Bezahlung behalten zu können“. So ein Fall wird nicht von der Rechtsschutzversicherung abgedeckt. „Er sagte mir umgehend, die Chancen stünden schlecht, man müsse bezahlen, was verlangt wird“, berichtet sie. Darum unterzeichnete sie die Unterlassungserklärung. Der Rat des Anwalts begründete sich auch auf der einstweiligen Verfügung, die ihre Kollegin Streng inzwischen erhalten hatte. Die früheren Praxisbetreiber in Ratingen hatten die Marke bereits vor vielen Jahren eintragen lassen, doch bislang wurden keine Lizenz- oder Unterlassungsansprüche erhoben. Mit der Praxisübergabe ging auch der Eintrag ins Markenregister auf die Nachfolgerin über. Das lange Bestehen der Eintragung werteten die Richter in diesem Fall wohl zugunsten der Klagenden. „Es war für mich zunächst unbegreiflich. Dieser Name, den ich nun seit mehr als fünf Jahren nutze, sah als Wort-BildMarke komplett anders aus. Außerdem befindet sich meine Praxis meilenweit entfernt von der Praxis der Klägerin in NRW. Es gab also weder optisch noch geografisch die Befürchtung, wir könnten verwechselt werden und Patienten in die Praxis der anderen hineinstolpern." Aber: Die Kennzeichenkraft der Marke „Mundart“ ist sehr groß. Das Wort ist nicht geschützt, aber die Wort-Bild-Marke. „Man fragt sich, wie soll das dann aussehen? Wo ist die Grenze der gestalterischen Freiheit?“ Die Rechtsexperten bestätigen, dass solche Streitfälle komplex und unübersichtlich sein können. Für die Zahnärztin bleibt die Rechtslage unverständlich: „Warum muss der Kläger nicht zumindest nachweisen, dass er einen Schaden aus dieser Situation hat?“ Sie hat auf Anraten ihres Anwalts letztlich aufgegeben und den Namen geändert. „Das habe ich getan, weil ich allein in der Praxis bin, zwei Kinder habe und keine Zeit, mich mit einem Rechtsstreit zu beschäftigten“, erklärt sie ihre Situation. Dennoch ärgert sie sich und findet den Fall unfair. „Ich hätte wirklich gerne vor Gericht gefragt: 'Sie haben zwar offiziell gewonnen, aber können Sie jetzt ruhig schlafen?' Oder an den Richter: 'Finden Sie ein solches Vorgehen fair?'“ Ihre Kosten beliefen sich am Ende auf rund 10.000 Euro. „Für kleinere Unternehmen oder Praxen kann so etwas sehr belastend sein. Und meiner Meinung nach macht man so etwas auch einfach nicht unter Kollegen“, schließt Pichlmeier. „Ganz zu schweigen von den Dingen, die ich entsorgen musste – Papier, Visitenkarten, Rezepte & Co." Zurück zum Namen: „Die Praxis ist nun unter dem Namen „Zahnmedizin Buchbach“ zu finden. Karolina Pichlmeier ist Einzelbehandlerin mit sechs Angestellten bei drei Behandlungsräumen auf 150 qm.

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