Albert Einstein wird das Zitat zugeschrieben, dass es dumm sei, das Gleiche immer und immer wieder zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten. Insoweit verwundert es, dass das Bundesgesundheitsministerium bei der verpflichtenden Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) zum 15. Januar 2025 scheinbar die Fehler aus der Einführung des E-Rezepts wiederholt. Wir erinnern uns: zu knapp bemessene Zeitschienen, keine ausreichende Pilotphase in Modellregionen und darauffolgende Rückkopplungsschleifen sowie die gesetzliche Androhung von Sanktionen statt Einbindung der Ärzte- beziehungsweise Zahnärzteschaft. Genau das Gleiche erleben wir jetzt bei der „ePA für alle"-Einführung – und dies trotz wiederholter und eindringlicher Mahnungen seitens der Selbstverwaltung: Eine viel zu kurze Frist für dieverpflichtende Einführung und die unzureichende Testphase von nur vier Wochen machen eine fristgerechte und geordnete Implementierung nahezu unmöglich. Hinzu kommt, dass die Hersteller von Praxisverwaltungssystemen, selbst wenn sie bereits ein funktionsfähiges ePA-Modul vorhalten sollten, das die ab Januar geltenden Vorgaben erfüllt, selbiges bislang nicht gegen Echtsysteme auf Kassenseite verproben können, da es diese schlicht noch nicht gibt. Auch die gesetzlich vorgeschriebene Zertifizierung wird voraussichtlich erst ab Mitte Dezember ausgesprochen werden können. Und selbstverständlich müssen im Nachgang auch die entsprechenden Updates in den Praxen eingespielt werden. Insgesamt also ein sehr ambitionierter Zeitplan und für die KZBV zugleich Anlass, im parlamentarischen Verfahren anstehender Gesetzgebung sowie in der anstehenden Sitzung der Vertreterversammlung – erneut – eine schrittweise Einführung der ePA und insbesondere deren vorgelagerte Testung unter realen Versorgungsbedingungen zu fordern. Zugleich tun wir unser Möglichstes, um einen reibungslosen Start der ePA in und für die Praxen sicherzustellen. Hierzu stimmen wir uns eng mit den PVS-Herstellern ab, um idealerweise alle Systeme zum 15. Januar ePA-fähig zu haben. Es ist unabdingbar, dass die ePA einen echten Mehrwert für die Praxen und die Patientenversorgung bieten muss und nicht erneut die Praxen mit weiteren Lasten überzieht. Um aber für die zahnärztliche Versorgung einen wirklichen Nutzen zu schaffenund Bürokratie abbauen beziehungsweise besser bewältigen zu können, müssen sich die Anwendungsszenarien auf die Übermittlung von versorgungsrelevanten und strukturierten Daten beschränken, die anwenderfreundlich aus den Praxisverwaltungssystemen in die ePA übertragen werden können. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die KZBV mit dem „MIO Bonusheft“ eine erste Anwendung bereits aufgelegt und wird auch in der Folge der Politik weitere Vorschläge unterbreiten. Eines muss dabei klar sein: Wir dürfen es nicht der Politik überlassen, festzulegen, was in eine ePA alles übertragen werden soll. Die Expertise sitzt auf unserer Seite und keiner weiß besser als wir, welche Daten wirklich für die Patientenversorgung wichtig sind und den Praxen Entlastung bringen. Wir Zahnärztinnen und Zahnärzte stehen der Digitalisierung an sich überhaupt nicht ablehnend gegenüber, sondern leben sie im Praxisalltag schon lange erfolgreich. Überall dort, wo wir sinnstiftenden technischen Fortschritt gesehen haben, haben wir ihn umgesetzt. Ein Musterbeispiel für die erfolgreiche Implementierung von TI-Projekten ist die Einführung des elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahrens (EBZ). Wer die ePA seitens der politisch Verantwortlichen aber zu einem Datenfriedhof mutieren lassen will, wer glaubt, dass alleine mit KI Versorgung besser wird, oder wer mit Gesundheitsdaten gar ein Gesundheitssystem in Richtung einer Staatsmedizin lenken will, der befindet sich auch beim Thema „Digitalisierung“ auf einem politischen Irrweg. Insofern stehen wir als KZBV bereit, das Projekt „ePA für alle“ nutzstiftend für unsere Praxen und im Sinne der Patientenversorgung proaktiv auszugestalten. Hingegen werden wir nicht davon ablassen, Fehlentwicklungen in der Digitalisierungsstrategie, die die derzeitige Ampel-Regierung und allen voran der Bundesgesundheitsminister zu verantworten hat, zu markieren, öffentlich zu machen und einen Kurswechsel einzufordern. Akzeptanz statt Sanktion, auf die Versorgung fokussierte Anwendungen statt Datensammelwut und marktreife Produkte statt nicht ausreichend getestete Szenarien – das müssen die Überschriften für eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie sein. Dafür werden wir uns mit aller Kraft weiterhin einsetzen. Martin Hendges Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Das BMG wiederholt seine Fehler 6 | LEITARTIKEL Foto: Jan Knoff, Cologne
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