Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

70 | ZAHNMEDIZIN zm114 Nr. 20, 16.10.2024, (1736) 2. Physiotherapie: Die Patienten führten sowohl aktive als auch passive Übungen aus. Mindestens einmal am Tag mussten sämtliche Übungen gemacht werden, sonst führte dies zum Studienausschluss. Alle Übungen (15) wurden demonstriert, weiterhin unterstützten online erhältliche Bilder die Ausführung der Übungen. 3. Akupunktur: An den insgesamt drei Terminen (T1 bis T3) wurden für zehn Minuten anhand des Mikro-AkupunkturSystems nach Gleditsch mit einer Einmalkanüle (Insulin Syringe 0,3 * 0,8 mm, BD Micro-Fine, Becton Dickinson GmbH, Heidelberg) intra- und extraorale Punkte stimuliert. Abweichend zu der von Gleditsch beschriebenen Technik wurde jedoch kein Lokalanästhetikum an den Punktionsstellen injiziert, sondern die Nadel lediglich für 5 s in situ belassen. Die Anzahl der akupunktierten Stellen variierte zwischen den Patienten. Ergebnisse Aufgrund der geringen Patientenzahl beträgt die statistische Power der Studie nur 79 Prozent (normalerweise wählt man Patientenzahlen höher, um eine Power zwischen 80 bis 95 Prozent zu erreichen). Sowohl in der Schienengruppe als auch bei Physiotherapie verbesserten sich alle gemessenen Parameter (Muskelschmerzen, intraorale Schmerzen, subjektive Schmerzen und Kopfmobilität) signifikant über die Therapiedauer, nur die Mundöffnung veränderte sich nicht. Die Akupunktur führte zu signifikanten Verbesserungen bei den Muskelschmerzen und der Kopfbeweglichkeit. Die anderen Parameter änderten sich hier nicht. Bei einigen Patienten kam es zu keiner Verbesserung beziehungsweise Verschlechterung der Symptome, die hauptsächlich die Mundöffnung betrafen (zwei Patienten der Schienengruppe, zwei Patienten der Physiotherapiegruppe und ein Akupunkturpatient). Diskussion Die Behandlung der ersten Symptome einer CMD stellt uns vor große Herausforderungen in der Schmerzbehandlung unserer Patienten. Daher ist eine effektive Erstbehandlung auch in der nicht spezialisierten Praxis wichtig. Alle drei vorgestellten Therapieoptionen sind mehr oder weniger effizient in dieser Phase der Behandlung. Vor allem die Schienentherapie mit dem Aqualizer scheint sich besonders zu eignen, sie ist auf der einen Seite effektiv in der Verbesserung der Symptome, leicht verfügbar (konfektioniert in verschiedenen Größen und Stärken sofort erhältlich, ohne zahntechnisches Labor) und einfach für den Patienten anzuwenden. Die physiotherapeutischen Übungen erwiesen sich in der Untersuchung als ähnlich gut geeignet, fordern dem Patienten allerdings eine deutlich höhere Disziplin und Compliance ab. In der initialen Phase haben diese einen hohen Leidensdruck und arbeiten daher wahrscheinlich adäquat mit. Ob alle Übungen immer korrekt und wie gewünscht ausgeführt wurden, kann allerdings nicht überprüft werden und ist daher schwierig zu beurteilen. Aus Perspektive des Patienten sind 15 Übungen sowohl zeitlich als auch koordinatorisch anspruchsvoll und somit nicht für jeden geeignet. Die Akupunktur zeigte in der Untersuchung die geringste Verbesserung der Symptome, allerdings wurde sie aus regulatorischen Gründen (Ethikkommission der Universität) nicht wie vom Beschreiber durchgeführt. Ob dies zu einem besseren Ergebnis geführt hätte, darüber kann nur spekuliert werden. Diese Art der Therapie erfordert jedoch von der Behandlerin oder dem Behandler eine spezielle Ausbildung auf diesem Gebiet. Die größte Einschränkung der Ergebnisse sind die sehr geringen Patientenzahlen bei einem komplexen Krankheitsbild, daher dürfen sie nicht überinterpretiert werden. Allerdings zeigen sie eindrucksvoll, dass auch die nichtmedikamentöse Therapie bei der Behandlung der Symptome der CMD sehr erfolgreich sein kann. Eine Kombinationstherapie aus zwei oder mehr der vorgestellten Optionen könnte durchaus noch vielversprechender sein. Was bedeuten die Ergebnisse für die tägliche Praxis? Es lassen sich folgende Schlussfolgerungen für die klinische Praxis treffen: „ Die vorgestellten nichtmedikamentösen Therapien verbesserten die subjektiv empfundenen Schmerzen, die Palpationsschmerzen extra- und intraoral sowie die Kopfbeweglichkeit. „ Schienentherapie mit dem Aqualizer und Physiotherapie verbesserten mehr erhobene Parameter als die Very-PointAkupunktur. „ Die Mundöffnung wurde durch keine Therapieoption signifikant erhöht. Die Studie: Simma-Kletschka I, Artacker N, Balla M, Oellerer N, Piehslinger E, Fornai C: Initial therapeutic approaches for orofacial myofascial pain: three pilot studies. Cranio. 2023 Apr 13:1-13. doi: 10.1080/08869634.2023.2198397. AUS DER WISSENSCHAFT In dieser Rubrik berichten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der zm regelmäßig über interessante wissenschaftliche Studien und aktuelle Fragestellungen aus der nationalen und internationalen Forschung. Die wissenschaftliche Beirat der zm besteht aus folgenden Mitgliedern: Univ.-Prof. (a.D.) Dr. Elmar Hellwig, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (bis 31.12.2023) Univ.-Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Universität Bonn Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer, Charité – Universitätsmedizin Berlin Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Universitätsmedizin Mainz „

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