Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

72 | ZAHNMEDIZIN NEUE S2K-LEITLINIE ZU OKKLUSIONSSCHIENEN OS zur CMD-Behandlung und zur präprothetischen Therapie Ingrid Peroz, Bruno Imhoff Okklusionsschienen werden zur Behandlung craniomandibulärer Dysfunktionen und im Rahmen der präprothetischen Therapie eingesetzt. Die Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT) hat als federführende Fachgesellschaft unter Mitwirkung von 35 weiteren Fachgesellschaften und Organisationen dazu eine Leitlinie ausgearbeitet. Nach umfassender Literaturrecherche (systematisch von 1990 bis 2024) und deren Auswertung wurde in einem mehrstufigen Konsentierungsprozess ein umfangreicher Gesamttext mit 34 Empfehlungen und Statements verfasst. Die wesentlichen Eckpunkte stellen wir hier vor und laden zur Lektüre des Gesamttextes ein. In Deutschland werden ausweislich der Zahlen im statistischen Jahrbuch der KZBV jährlich circa zwei Millionen Okklusionsschienen (OS) eingesetzt [KZBV-Jahrbuch, 2022]. Diese können verschiedenen Zwecken dienen. Neben dem Schutz von Zähnen und Restaurationen kann ihr Einsatz auch zur Behandlung von Beschwerden und Schmerzen im Rahmen einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD) erfolgen. Standard ist hierbei vor dem Einsatz solcher OS die Abklärung somatischer Befunde sowie die Evaluation von Belastungsfaktoren (siehe Wissenschaftliche Mitteilung zur Therapie der CMD[Imhoff et al., 2022]). Empfehlung 1 Eine Festlegung von Therapiezielen und eine Aufklärung der Betroffenen über Möglichkeiten, Grenzen und Folgen einer Behandlung mit Okklusionsschienen soll zu einer partizipativen Entscheidungsfindung über das Management von CMD gehören. Grundsätzlich ist stets zu überlegen, durch welche ergänzenden Maßnahmen der Erfolg einer Therapie mit OS unterstützt werden kann. Neben Aufklärung und Beratung stehen im multimodalen Kontext unterschiedliche Maßnahmen und Therapieansätze zur Verfügung. Grundsätzlich kann eine Therapie mit OS auch bei Kindern und Jugendlichen erfolgen [Blanchard und Palmer, 2020; Wahlund, 2015]. Dazu liegen aber nur wenige Daten vor. Daher sollte die Anwendung von OS in dieser Patientengruppe eher kurzzeitig (nicht länger als drei Monate) dauern. Wirkungsweise von OS Mittlerweile existieren Nachweise für mehrere Mechanismen, die für die therapeutischen Effekte von OS verantwortlich sind. Insbesondere die Entlastung von Muskel- und Gelenkstrukturen (eher mechanische Effekte) als auch sogenannte Trainingseffekte(Ausnutzung der neuronalen Plastizität) sind zu nennen [Ernst, 2021; Schindler et al., 2014]. Neben diesen und anderen spezifischen Effekten spielen auch unspezifische Effekte eine wichtige Rolle [De Boever, 2008; Imhoff et al., 2022]. Für die Wirkung einer OS ist es grundsätzlich egal, ob sie im Ober- oder im Unterkiefer getragen wird. In Bezug auf die Entscheidung, in welchem Kiezm114 Nr. 20, 16.10.2024, (1738) INDIKATIONSBEREICHE FÜR DIE VERSCHIEDENEN SCHIENENTYPEN Diagnosen Relaxierungsschiene Reflexschiene Positionierungsschiene Myalgie × × Arthralgie × × Auf CMD zurückzuführende Kopfschmerzen × × Symptomatische Diskusverlagerung mit Reposition (×) × Symptomatische Diskusverlagerung mit Reposition mit intermittierender Kieferklemme × Symptomatische Diskusverlagerung ohne Reposition mit eingeschränkter Kieferöffnung hohe × × Symptomatische Diskusverlagerung ohne Reposition ohne eingeschränkte Kieferöffnung hohe × × Symptomatische degenerative Gelenkerkrankung hohe × × Tab. 1

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