Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 20

ZAHNMEDIZIN | 77 diese Spuren regelmäßig auszupolieren um zu erfassen, welche Parafunktion nachfolgend während des Schiene-Tragens ausgeführt wird. Sobald auf einer Reflexschiene Zeichen für Knirschen beobachtet werden, empfiehlt es sich, das Therapiemittel zu wechseln. Ein Pressen auf einer Relaxierungsschiene sollte in Bezug auf Beschwerdebild und Befund bewertet werden. Multimodale Therapie Wenn OS im Rahmen der Behandlung von CMD-Beschwerden eingesetzt werden, so ist stets zu überlegen, ob und welche weiteren Maßnahmen für das Beschwerdebild (oder Teile des Beschwerdebildes) sinnvoll ergänzend angeregt werden [Nagata et al., 2019]. So ist bei muskuloskelettalen Beschwerden der Einsatz von physiotherapeutischen Maßnahmen zu prüfen [Imhoff et al., 2022]. Bei Patienten mit einem besonders starken Leidensdruck können möglicherweise psychologische, psychiatrische und/oder neurologische Untersuchungen und Behandlungen erforderlich sein. Wichtig ist die Differenzierung der Beschwerden in Folge einer Parafunktion oder auf der Basis einer Allgemeinerkrankung (Schmerzerkrankungen, rheumatoide Erkrankungen, neurologische Erkrankungen und weitere). Daher ist ein Screening auf solche Belastungsfaktoren vor Therapiebeginn fachlich sinnvoll [Türp und Nilges, 2016]. Präprothetische Therapie mit OS Jenseits der vorstehend beschrieben Indikationen kann eine Therapie mit OS auch vor einer prothetischen Sanierung indiziert sein. Hierbei soll im Rahmen einer Schienenbehandlung evaluiert werden, ob die Betroffenen die Änderung der Kieferrelation (meist im Sinne einer Vertikalisierung) gut adaptieren können. Als Indikationen können vorliegen [Caldas et al., 2016; De Boever et al., 2008; Moreno Hay und Okeson, 2015]: „ irreversible okklusale Veränderungen, zum Beispiel eine Nonokklusion im Seitenzahnbereich durch eine lange andauernde Repositionsschienentherapie, durch eine Behandlung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) oder durch Elongation von Frontzähnen nach Dauerschienentherapie ohne ausreichende Abstützung „ okklusale Veränderungen, die durch Erkrankungen (wie rheumatoide Arthritis, idiopathische juvenile Arthritis, degenerative Gelenkerkrankungen) oder Resektionen am Kiefergelenk et cetera entstanden sind und Symptome einer CMD zur Folge hatten und deren Therapie zusätzlich einer prothetisch-restaurativen und/oder kieferorthopädischen Behandlung bedürfen „ Rehabilitation bei starkem Zahnverschleiß und Ähnliches Wenn vorab keine funktionellen Beschwerden bestehen, so wird ein Austesten der therapeutischen Kieferrelation für mindestens sechs Wochen als ausreichend angesehen. Bei vorbestehenden Schmerzen und Beschwerden sollte eine mindestens sechsmonatige stabile Phase der Beschwerdelinderung abgewartet werden [Greene und Manfredini, 2021; Manfredini et al., 2017]. Als Therapiemittel können Relaxierungs- oder Repositionsschienen eingesetzt werden. Eine Sonderform stellt in diesem Kontext der Einsatz von Simulationsschienen dar (Abbildungen 9 bis 11). Diese sind aus zahnfarbenem Material anatomisch gefertigt und werden ganztags getragen [Güth et al., 2022]. Je nach Güte der Retention an den Zähnen können Betroffene hiermit auch essen. Empfehlung 28 Werden neben der okklusal-funktionellen Adaptation auch ästhetische und/oder phonetische Veränderungen ausgetestet, sollte die Indikation für den Einsatz von Simulationsschienen und/oder Langzeitprovisorien geprüft werden. Erstellung von OS Okklusionsschienen können konventionell (tiefgezogen und adjustiert, heiß- oder kaltpolymerisiert in Küvettentechnik, lichtgehärtet, im Streuverfahren) oder unter Zuhilfenahme digitaler Verfahren bei der Abformung und/oder der Produktion erstellt werden. Bei den digitalen Verfahren werden subtraktive und mehrere additive Verfahren unterschieden. Zum Zeitpunkt der Leitlinienerstellung konnten additive Verfahren noch nicht empfohlen werden. Wichtig ist, dass acrylharte Oberflächen die okklusalen Kontakte tragen. Die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Produktionsverfahren sind in einem eigenen Kapitel der Leitlinie ausführlich beschrieben. Empfehlung 32 Schienen können konventionell (Küvettentechnik, Tiefziehfolientechnik, Lichtpolymerisation) oder digital im subtraktiven Fräsverfahren hergestellt werden. Bei der Streutechnik sollte zur Vermeidung eines höheren Restmonomergehalts die Polymerisation der Schiene im Wasserbad bei einem Überdruck von 2 bis 2,5 bar (Drucktopf) erfolgen. „ zm114 Nr. 20, 16.10.2024, (1743) Dr. Bruno Imhoff Spezialist für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT) Josef-Haubrich-Hof 5, 50676 Köln imhoff@dgfdt.de Foto: Privat Prof. Dr. Ingrid Peroz Charité – Universitätsmedizin Berlin CharitéCentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Aßmannshauser Str. 4-6, 14197 Berlin Foto: Gesine Born ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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