38 | ZAHNMEDIZIN zm114 Nr. 21, 01.11.2024, (1800) dung der Mund-Muskulatur und in der Folge die Sprech- und Sprachentwicklung beeinträchtigen. Kauen und das Essen von einem Löffel fördern hingegen die Mund- und Zungenmotorik, die unter anderem wichtig für die Sprachentwicklung ist. Auch wird beim Kauen die Produktion von Speichel angeregt. Dieser qualitativ bessere Speichel sorgt für eine Remineralisierung des Zahnschmelzes und macht ihn widerstandsfähiger. n Kleinkinder sollten sich möglichst früh daran gewöhnen, ihre Nahrung nicht einfach nur zu schlucken, sondern sie vorher ordentlich zu kauen. Dabei sollte die Kaumuskulatur von weich nach hart trainiert werden: Am Anfang mit gedünstetem Gemüse wie zum Beispiel Broccoli oder Kartoffeln, danach mit Gurke, Kohlrabi, Melone und Apfel und schließlich Möhre als härteste unter den rohen Gemüsesorten. Zähne sollen abbeißen undkauen. n Kommen Babys nur durch Fruchtsauger mit Gemüse und Obst in Kontakt, fehlen wichtige sensomotorische Erfahrungen. Das Riechen, Anfassen, Zerdrücken der Lebensmittel mit den Händen hilft dem Kind, die Umwelt „zu beGREIFEN“ und fördert damit wichtige Entwicklungsschritte. Daher sollte Gemüse und Obst in altersgerechte Stücke geschnitten und dem Kind in die Hand gegeben werden. Das Kind lernt Gemüse und Obst sonst nicht in seiner Gesamtheit kennen. Es kann durch einen Sauger nicht spüren, wie sich richtiges Essen anfühlt. Dabei ist für eine gesunde Essensbeziehung das Erkunden mit den Händen notwendig. Entdeckt das Kind verschiedene Konsistenzen von Lebensmitteln und betastet sie, bekommt es nicht nur einen positiven Bezug zum Essen, sondern fördert ganz natürlich die Augen-Hand-Koordination, die Kinder zum Beispiel auch beim Trinken benötigen. Dazu ein Auszug aus dem hessischen Bildungs- und Erziehungsplan BEP (Seite 60): „Das Kind lernt, seinen Körper wahrzunehmen, Verantwortung für sein eigenes Wohlergehen und seine Gesundheit zu übernehmen. Es erwirbt entsprechendes Wissen für ein gesundheitsbewusstes Leben und lernt gesundheitsförderndes Verhalten. Dies umfasst insbesondere folgende Bereiche: Ernährung n Essen als Genuss mit allen Sinnen erleben n Anzeichen von Sättigung erkennen und entsprechend darauf reagieren n Unterschiede lernen zwischen Hunger und Appetit auf etwas Bestimmtes n sich eine Esskultur und Tischmanieren aneignen und gemeinsame Mahlzeiten als Pflege sozialer Beziehungen verstehen n Wissen und Verständnis über kulturelle Besonderheiten bei Essgewohnheiten erlangen n sich Wissen über gesunde Ernährung (auch unter dem Aspekt der Zahngesundheit) und über Zubereitung von Nahrung aneignen n ein Grundverständnis über Produktion, Beschaffung, Zusammenstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln erwerben" Fazit Aus zahnmedizinischer Sicht, aber auch im Hinblick auf die frühkindliche Entwicklung kann der Einsatz von Fruchtsaugern nicht empfohlen werden – die Nachteile überwiegen gegenüber den angeführten Einsatzmöglichkeiten. n Dr. Andrea Thumeyer Zahnärztin im Zahnzauberland in Kriftel und Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen (LAGH) Foto: privat Dr. oec. troph. Sabine M. Reichhold LAGH-Referentin Konzept „Zuckerfreier Vormittag“ Foto: Justus Kallmeyer Gemüse und Obst sollten in altersgerechte Stücke geschnitten und dem Kind in die Hand gegeben werden. Der direkte Kontakt mit Lebensmitteln (Riechen, Anfassen, Zerdrücken mit den Händen) fördert wichtige Entwicklungsschritte. Foto: Andrea Thumeyer
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