Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 21

46 | TITEL oftmals zahlreiche anatomische Variationen vorliegen, wie zum Beispiel prominente Wurzelstellungen, tiefe Zahnhartsubstanzdefekte im Bereich der Wurzel(n) und Ungleichmäßigkeiten des residualen keratinisierten Gewebes. Zudem erfordert die Behandlung von multiplen Rezessionen häufig mehrere chirurgische Eingriffe [Cairo et al., 2017]. Bernimoulin et al. beschrieben 1975 eine chirurgische Technik zur Deckung multipler Rezessionen, bei der zunächst das keratinisierte Gewebe apikal der Rezessionen mittels freiem Schleimhauttransplantat (FST) augmentiert wurde und anschließend nach zwei Monaten ein KVL durchgeführt wurde. Die Lappentechnik war hierbei gekennzeichnet durch das Anlegen von interdentalen chirurgischen Papillenspitzen und einer kombinierten Full-Split-Lappenpräparation. Zusätzlich wurden zwei vertikale Entlastungsinzisionen angelegt. Mit dieser Technik konnte eine vollständige Wurzeldeckung von 43 Prozent nach einem Jahr erzielt werden. Zucchelli & De Sanctis [2000] führten eine Modifikation des KVL für die Behandlung von multiplen Rezessionen ein. Dabei handelt es sich um einen Envelope-Flap, der auf vertikale Entlastungsinzisionen verzichtet und analog zur Vorgehensweise beim modifizierten KVL für singuläre Rezessionen [De Sanctis & Zucchelli, 2007] als kombinierter Split-Full-Split-Lappen präpariert wird (Abbildungen 7 bis 11). Bei dieser Technik werden zunächst horizontale Inzisionen angelegt, die interdental schräg verlaufen und im Bereich der Rezessionsdefekte intrasulkulär fortgeführt werden. Die so kreierten chirurgischen Papillen werden anschließend als Spaltlappen präpariert, gefolgt von einer Volllappenpräparation apikal des Rezessionsdefekts und einer Spaltlappenpräparation apikal der knöchernen Dehiszenz. Es folgen die Entepithelisierung der anatomischen Papillen und die abschließende Lappenpositionierung koronal der Schmelz-Zement-Grenze mittels Umschlingungsnähten. Die Vorteile dieser Technik liegen in der guten Blutversorgung des Lappens und der Vermeidung von Narbenbildung. Durch die Behandlung mit dieser Technik konnte nach zwölf Monaten eine mittlere Wurzeldeckung von 97 Prozent und eine vollständige Wurzeldeckung von 88 Prozent erzielt werden [Zucchelli & De Sanctis, 2000]. Weiterhin konnte in einer Langzeituntersuchung über fünf Jahre nachgewiesen werden, dass die nach einem Jahr erzielten Ergebnisse stabil blieben [Zucchelli & De Sanctis, 2005]. So betrug zu diesem Zeitpunkt die mittlere Wurzeldeckung immer noch 94 Prozent und die vollständige Wurzeldeckung 85 Prozent. In einer weiteren Studie untersuchten Zucchelli et al. [2009] die klinischen und ästhetischen Ergebnisse des KVL mit und ohne vertikale Entlastungsinzisionen bei der Behandlung von zm114 Nr. 21, 01.11.2024, (1808) Abb. 12: Multiple Rezessionsdefekte vom Typ 1 in regio 22-24. Abb. 13: Unterminierende Tunnelpräparation regio 22-25 und Vorbereitung eines BGTs in regio 23/24. Abb. 14: Zustand nach Insertion des Transplantats und koronale Fixation des Tunnellappens mit modifizierten Umschlingungsnähten Abb. 15: Klinische Situation zwölf Monate nach dem chirurgischen Eingriff Abb. 16: Klinische Situation sieben Jahre nach dem chirurgischen Eingriff. Fotos: Adrian Kasaj

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