52 | TITEL Nach vollständiger Heilung wurde das neu erzeugte keratinisierte Gewebe durch einen koronalen Verschiebelappen in den Bereich der Rezession bewegt. Als ausgeprägte Nachteile dieser Methode sind die zweizeitige Herangehensweise und die ästhetisch wenig ansprechenden Ergebnisse zu sehen. Zudem ist die koronale Verschiebung des zuvor verpflanzten freien Schleimhauttransplantats aufgrund der ausgeprägten Vernarbung äußerst schwierig. Die erreichbaren Ergebnisse entsprechen somit nicht den ästhetischfunktionellen Ansprüchen, die heute an solche Therapieverfahren angelegt werden [Pini-Prato et al., 2015]. Schon in der Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die ersten lateralen Verschiebelappentechniken zur Deckung parodontaler Rezessionen beschrieben. Grupe & Warren veröffentlichten 1955 die erste Beschreibung eines lateralen „sliding flap“ zur Deckung einer singulären parodontalen Rezession [Grupe und Warren, 1956]. Bei dieser Methode wurde das distal von der Rezession gelegene Gewebe einschließlich des bukkalen benachbarten Papillenanteils gelöst und die Gingiva im Bereich der Rezession exzidiert. Anschließend wurde dieser Lappen nach mesial verschoben, so dass der Papillenanteil direkt wieder im Bereich der benachbarten Papille fixiert und die freiliegende Wurzeloberfläche abgedeckt wurde. Großer Nachteil dieser unilateralen Verschiebelappen sind die hohen Rückstellkräfte aufgrund der ausgeprägten Verschiebung in eine Richtung um circa eine Prämolarenbreite. Daher zeigen laterale Verschiebelappen eine hohe Rezidivtendenz mit geringer prozentualer mittlerer Wurzeldeckung von 34 bis 82 Prozent, die zwar durch den zusätzlichen Einsatz eines Bindegewebstransplantats mit 70 bis 98 Prozent deutlich verbessert wird, aber durch die ausgeprägten Spannungen zu einer erhöhten Narbenbildung führt, die auch nach Jahren deutlich sichtbar sein kann (Abbildung 1) [Pagliaro et al., 2003]. Zudem führte die Verschiebung der keratinisierten Gingiva an den Nachbarzähnen nicht selten zu einer parodontalen Rezession an diesen, so dass Grupe in einer weiteren Publikation empfahl, die marginale Gingiva der Nachbarzähne in den Verschiebelappen nicht mit einzubeziehen [Grupe, 1966]. Pfeifer & Heller empfahlen in ihrer Analyse zur Vermeidung von Rezessionen an den Nachbarzähnen anstatt vollschichtiger Lappen teilschichtige Präparationen durchzuführen [Pfeifer und Heller, 1971]. Um die zu überbrückende Strecke des lateralen Verschiebelappens zu verkürzm114 Nr. 21, 01.11.2024, (1814) Abb. 2b: Zustand nach Präparation und Nahtfixation der Läppchen: runde Entlastungsinzisionen ermöglichen eine laterale Rotation anstatt Verschiebung Abb. 2c: Fixation eines Bindegewebstransplantats in regio 41 Abb. 2d: Abdeckung der freiliegenden Wurzeloberfläche mit dem doppelt lateralen Verschiebelappen: Überdeckung der Schmelz-Zement-Grenze und vollständige Abdeckung der seitlichen Präparationsareale Abb. 2: Doppelt lateral verschobener Lappen, nach [Nelson, 1987]: a) Ausgangssituation bei Patientin mit tiefer RT1-Rezession an Zahn 41 mit Entzündungszeichen aufgrund der eingeschränkten Pflegbarkeit Abb. 2e: Heilungsergebnis nach sechs Monaten: trotz mehr als 95 Prozent Deckung deutliche Vernarbung des Gingivaareals regio 41 mit Verzug der mukogingivalen Grenze und negativen Veränderungen in Textur und Farbe Fotos: Jochen Tunkel
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