52 | ZAHNMEDIZIN S3-LEITLINIE „DIREKTE KOMPOSITRESTAURATIONEN AN BLEIBENDEN ZÄHNEN IM FRONT- UND SEITENZAHNBEREICH“ Teil 1: Indikationen für Kompositrestaurationen Diana Wolff, Cornelia Frese, Caroline Sekundo Die neue, umfassendere Leitlinie zu Kompositrestaurationen erweitert die S1-Handlungsempfehlung „Komposit im Seitenzahnbereich“ von 2016 qualitativ und quantitativ. Sie liefert evidenzbasierte Empfehlungen, die den Wissensstand zur Überlebensrate und Restaurationsqualität von Kompositrestaurationen in verschiedenen Indikationsklassen abbilden und konkrete Handlungsempfehlungen für die Anwendung geben. Wir stellen die S3-Leitlinie in zwei Teilen vor, Teil 1 in dieser Ausgabe, Teil 2 in der zm 23-24/2024 am 1. Dezember. Im Mai 2024 wurde erstmals von einem Team nationaler Experten eine umfangreiche S3-Leitlinie zur Anwendung von Kompositmaterialien in der direkten Restauration bleibender Zähne auf der Website der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) veröffentlicht. Im September folgte die internationale Publikation im Journal of Adhesive Dentistry. Die Leitlinie, die in Zusammenarbeit mit 20 nationalen zahnmedizinischen Fachgesellschaften erstellt wurde, stellt den ersten umfassenden Leitfaden dar, der die Indikationen und Grenzen von direkten Kompositrestaurationen zusammenfasst. Zahlreiche klinische Studien und systematische Übersichten bildeten die Grundlage für die 20 evidenzbasierten und konsensbasierten Empfehlungen. Diese Empfehlungen decken die gängigen Restaurationen der Kavitätenklassen I bis V ab und beinhalten auch komplexere Anwendungen wie Höckerersatz und Zahnformkorrekturen. Neben der wissenschaftlichen Evidenz wurden auch praktische Gesichtspunkte wie Patientenfaktoren und die Invasivität der Behandlung berücksichtigt. Zahnärzte weltweit erhalten damit eine wertvolle Orientierungshilfe für ihre tägliche Praxis. Teil 1 dieses Artikels fasst die wichtigsten Erkenntnisse zu den Indikationen für Kompositrestaurationen zusammen. Hintergrund Die Entwicklung zahnfarbener Kompositmaterialien war ein bedeutender Fortschritt in der Zahnmedizin. Komposite erleichtern die minimalinvasive Behandlung von Zahndefekten und Karies, da sie nicht nur ästhetisch ansprechend sind, sondern auch eine starke Adhäsion an der Zahnhartsubstanz ermöglichen. 2021 wurden in Deutschland 47,1 Millionen direkte Restaurationen durchgeführt, überwiegend mit Kompositmaterialien [KZBV, 2022]. Die direkte Füllungstherapie mit Komposit stellt somit einen wesentlichen Teil des zahnärztlichen Versorgungsspektrums dar, zu dessen Indikation, Durchführung und Prognose jetzt die aktuell umfassendste Leitlinie verfügbar gemacht wurde. Mit dem klinisch nachweisbaren Erfolg von direkten Kompositrestaurationen in den Standardkavitätenklassen I bis V hat sich die Indikation in den vergangenen 20 Jahren deutlich erweitert [Staehle et al., 2015]. Heute werden Kompositmaterialien auch bei großen Kavitäten eingesetzt, zum Beispiel bei Höckerersatz, sowie für ästhetischfunktionelle Korrekturen, zum Beispiel bei Zahnstellung oder Zahnform. Aufgrund dieser erweiterten Einsatzmöglichkeiten war es unerlässlich, die Leitlinie auch in diese Richtung zu entwickeln, um klare Empfehlungen zu Indikationen und Grenzen geben zu können. Zahnformkorrekturen mit Komposit: Vorher-nachher-Ansicht aus der gleichen Sitzung zm114 Nr. 22, 16.11.2024, (1922) Foto: Universitätsklinikum Heidelberg
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