Die Geschichte wird so erzählt: 1996 saßen zwei Männer abends an einer Hotelbar in Bad Salzuflen. Der eine Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, Präsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, später der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der andere Prof. Dr. Burkhard Tiemann, Jurist und langjähriger Hauptgeschäftsführer der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Beide standen unter dem Eindruck einer gerade beendeten berufspolitischen Veranstaltung, in der Zahnärzte mit Politikern zu Budget-Problemen diskutiert hatten und in beider Augen gnadenlos untergegangen waren. Weitkamp erinnert sich: „Es wurde schwadroniert ohne Kenntnis und Verständnis der Gesetze, Gesetzlichkeiten und Prozesse in der Politik […] und insbesondere in der Gesundheitspolitik.“ Die AS wird gegründet Weitkamp und Tiemann war an dem Abend klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Wer immer das Wort für den Berufsstand ergriff, sollte besser vorbereitet sein, die Fakten kennen, Verhandlungs- und Rhetoriktraining erhalten haben und die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge einer Praxis verstehen. An dem Abend wurde die „Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung und Praxismanagement“ – kurz AS – aus der Taufe gehoben. Und Weitkamp fand sofort Mitstreiter in den Landeszahnärztekammern Niedersachsen und Bayern. Das Angebot sollte sich an alle diejenigen richten, die berufspolitisch aktiv waren oder dies für die Zukunft planten, aber auch an alle, die ihren Beruf im gesellschaftlichen Netz besser verstehen wollten. Das Curriculum begann 1999 und gliederte sich in vier Semester, aufgeteilt in mehrere Module, die von den Trägern organisiert wurden. Tiemann war der erste wissenschaftliche Leiter der AS und blieb es, bis ihm 2017 der Autor dieser Zeilen nachfolgte. Das Baby von 1996 ist zu einer angesehenen Akademie herangewachsen. In 25 Jahren haben 300 Kolleginnen und Kollegen das Studium absolviert, ihre Namen lesen sich wie das Who's who der zahnmedizinischen Standespolitik. Dabei sind Kammer- und KZV-Angehörige so gemischt wie es die Trägerorganisationen inzwischen sind: 8 KZVen und 11 Landeszahnärztekammern. Die Schirmherrschaft üben BZÄK und KZBV aus. Braucht es eine AS heute noch? Wenn die AS zur Jahrtausendwende wichtig war, so ist sie heute unverzichtbar und das aus vier Gründen: 1. Die Möglichkeit, die Geschicke des eigenen Berufs in leistungsfähigen Strukturen steuern zu dürfen, ist ein hohes Gut, das es zu verteidigen gilt. Natürlich versetzt Standespolitik keine Berge, erreicht aber doch viel mehr als der Stammtisch meint. Leider gilt auch hier „There is no glory in prevention“: Alles, was gelöst oder verhindert wurde, ist schon wieder vergessen. 2. Gute Standespolitik war nie ein „Kann ich schon“-Projekt. Früher mag noch akademischer Zorn überzeugend gewesen sein, die heutige Politik jedoch ist immun dagegen. Ohne ein grundlegendes Verständnis der Zusammenhänge und ohne gangbare Lösungsvorschläge bewegt sich heute nichts mehr. 3. Kammern und KZVen sind unterschiedliche Strukturen mit verschiedenen Aufgaben. Von außen betrachtet sind wir aber die – gemeinsame – Stimme der Zahnmedizin. Der Grundgedanke der AS, junge Standespolitikerinnen und -politiker aus allen Strukturen an einen Tisch zu bringen, hilft sehr für das gegenseitige Verständnis und die Verpflichtung, gemeinsam am gleichen Ende vom Seil zu ziehen. 4. Kaum ein Beruf hat in den letzten 30 Jahren so eine Transformation hingelegt wie die Zahnmedizin. Aus Nachsorge wurde Vorsorge, aus Prothetik Paro und aus analog wurde digital. Wenn den Älteren das nicht immer gefällt, müssen sich die Jungen einbringen, weil es ihre Zukunft ist. Dafür ist die AS das Podium. Stammtische gibt es immer seltener. Die Zahnmedizin muss schauen, dass nicht irgendwann jeder und jede für sich arbeitet. Und dann kaum noch untereinander gesprochen wird. Die AS ist eine Struktur für das Miteinander und sollte so auch ein Impuls dafür sein, wieder das Miteinander im Beruf zusuchen. Prof. Dr. Christoph Benz Präsident der Bundeszahnärztekammer 25 Jahre Selbstwirksamkeit 6 | LEITARTIKEL Foto: Georg Johannes Lopata – axentis.de
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=