Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

GESELLSCHAFT | 63 Wir versuchten auch, das Dental Department des PH zu stärken und ersetzten die alte „Ritter D 59“-Einheit, die wir 1978 aus Kiel nach Padhar geliefert hatten, durch eine neue Einheit aus indischer Produktion. Bei jedem Einsatz brachten wir in vielen Bananenkisten Instrumente, Medikamente und Spielzeug für die Kinder mit. Am indischen Zoll gab es regelmäßig einen Auflauf, besonders als wir uns einmal mit sage und schreibe 32 Bananenkisten und 16 Personen vorbeischleichen wollten. Der Inhalt aller Kisten wurde genauestens untersucht. Wir mussten den Zollbeamten versichern, dass wir alle importierten Instrumente bei unserer Rückreise auch wieder ausführen würden. Wir haben nie mehr Medikamente mit abgelaufenem Verbrauchsdatum mitgenommen, nachdem uns einmal ein Zollbeamter gefragt hatte, ob die abgelaufenen Medikamente für indische Patienten noch gut genug seien. Wir lernten, nur die Geräte und Materialien mitzubringen, die die Inder auch erbeten hatten, und oft waren diese Instrumente in Indien zu einem erheblich niedrigeren Preis erhältlich. Im Jahr 1996 gründeten wir den Verein „Friends of Padhar e.V.“, um Spenden annehmen und Spendenbescheinigungen ausstellen zu können. Patientenversorgung Im Laufe der Jahre konnten die indischen Ärzte mitbeurteilen, welche Patienten für eine OP geeignet und ausreichend gesund waren. In sogenannten Screening-Camps, deren Termine über die Kirchen verbreitet worden waren, trafen jedes Jahr mehr Kinder, aber auch Erwachsene im PH ein. Am Tag der Ankunft wurden alle Kinder vom Kinderarzt und dem Narkosearzt untersucht. Immer wieder gab es Diskussionen, wenn die Chirurgen eine OP planten, obwohl die Narkoseärzte ein erhöhtes Risiko sahen. Dann wurden weitere (notwendige) Untersuchungen durchgeführt oder die OP wurde auf das nächste Jahr verschoben. Wurmerkrankungen, ein niedriger HB, Anämien oder unerkannte Herzprobleme waren die häufigsten Hindernisse. Unsere sorgfältigen Voruntersuchungen und das Erkennen möglicher Komplikationen führten dazu, dass wir in den 30 Jahren im PH keinen Patienten verloren haben. Von jedem Patienten wurde ein Stammblatt angelegt, in dem die korrekte Diagnose, der OP-Plan, die OP-Einwilligung sowie das Gewicht und der HBWert eingetragen wurden. Außerdem wurden alle Patienten fotografiert. Die Kinder waren mit den Eltern, Großeltern oder anderen Verwandten in farbig markierten Sälen mit bis zu 20 Betten untergebracht. Am OP-Tag bekamen sie einen Kittel mit der Farbe des Saales (Pink, Rot oder Grün). Die Begleitpersonen schliefen auf dem Boden neben dem Bett. Da es wegen des Kastensystems keine Krankenhausküche gab, hatten die Angehörigen ein Kochgebäude neben dem Krankenhaus, wo sie auf offenem Holzfeuer Essen kochten, das sie auf einem sich stetig vergrößernden Markt in der Nähe gekauft hatten. Im OP herrschte immer eine kollegiale Atmosphäre und wir bemühten uns, durchmischte Teams mit den indischen Kollegen und dem Pflegepersonal zu bilden. Zuerst operierten wir an zwei Tischen gleichzeitig im großen OPSaal (Abbildung 4). Später, gemeinsam mit den indischen Kollegen, zum Teil an vier Tischen gleichzeitig. Jedes Jahr stiegen die OP-Zahlen. Nach 28 Jahren haben wir insgesamt 1.717 Patienten operiert (Abbildung 5). zm114 Nr. 22, 16.11.2024, (1933) Abb. 2: Während des ersten Einsatzes in Padhar im Jahr 1994 wurden insgesamt rund 50 Patientinnen und Patienten behandelt (hinten rechts Thomas Lambrecht und Thomas Kreusch, hinten links Prof. Jörg Busse und Dr. Alexander Runge, mittig Anästhesist Dr. Jens Kleinefeld). Abb. 3: Stromausfälle im alten OP waren keine Seltenheit und es musste immer wieder eine Taschenlampe genutzt werden, um weiter operieren zu können. Abb. 4: Der enge alte OP-Saal mit zwei Tischen Fotos: Thomas Kreusch

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