Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

zm114 Nr. 22, 16.11.2024, (1936) 66 | GESELLSCHAFT dem Gelände erwogen, dann ein Umbau eines über 50 Jahre alten Gebäudes. Es wurde diskutiert, wie viele Säle finanzierbar sind. Am Ende stand der Plan eines OP-Komplexes mit vier Sälen, einer Zentralsterilisation, Sozialräumen, einem Aufwachraum, einer Zentralklimaanlage, einem Einleitungsraum und Nebenräumen. Nach kleineren Änderungen durch die indischen Behörden wurde das Projekt genehmigt. Mit großer Unterstützung von der Botnar-Stiftung in der Schweiz, der Hilfe von Friends of Padhar e.V. und deutschen Spendern konnte der Bau mit einem Budget von 250.000 Euro begonnen werden. Im Frühjahr 2019 fuhren wir ins PH, um den OP-Komplex zu eröffnen. Das „Dr. Clement Moss Operations Theatre“ wurde nach dem Gründer des PH benannt. Der neue OPKomplex wird nun seit über vier Jahren genutzt und alle sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis (Abbildungen 7 und 8). Auszeichnungen Für unsere Arbeit im Padhar, insbesondere die jahrelange Kontinuität und die damit erreichte Nachhaltigkeit, erhielten wir 2017 das Bundesverdienstkreuz am Band vom Bundespräsidenten und 2019 den Humanitarian Award der International Cleft Lip and Palate Association. Beide Preise habe ich im Namen aller Mithelfenden gern entgegengenommen. Ausblick Im Jahr 2021 wurde das PH als das Spaltzentrum in Zentralindien von der indischen Regierung ausgezeichnet – vor allem, weil neben den Operationen durch indische Ärzte in bester Qualität auch die dauerhafte Betreuung von Kindern und Erwachsenen mit LKG-Fehlbildungen gesichert ist (Abbildung 9). In den vergangenen Jahren sind uns immer wieder Kinder mit einer Oberkieferrücklage aufgefallen, teils iatrogen als OP-Folge mit narbiger Wachstumshemmung, teils aber auch idiopathisch. Mit zunehmenden kieferorthopädischen Möglichkeiten begannen wir auch mit der Planung von Umstellungsosteotomien. Bei schweren Fehlpositionen sind diese am besten mit Distraktionsosteotomien zu korrigieren, um nicht eine vorhandene Nasalität der Sprache zu verschlechtern oder diese erst zu bewirken. So haben wir in den vergangenen drei Jahren die nötigen Vorarbeiten mit einem Gipslabor, Modelloperationen und dem Anfertigen von einfachen kieferorthopädischen Geräten und OPSplints begonnen. Dazu wurden auch die digitale Abdrucknahme und das Drucken von Modellen eingeführt. Die erste OK-Distraktion wurde 2023 von Phillip Schwaab, Dr. Modrul und mir durchgeführt. Und wieder waren die indischen Kollegen begeistert bei der OP dabei und übernahmen fachkundig die postoperative Betreuung. Hilfe zur Selbsthilfe war unser Credo – mit großem Erfolg: Nach 30 Jahren vor Ort können wir schließlich die primäre Versorgung von LKG-Spalten vollständig in die Hände der lokalen Ärzte legen. Dies gelang durch die kontinuierliche und engagierte Tätigkeit nach dem Motto: Lieber bei fünf Operationen assistieren und damit die lokalen Ärzte in ihren Kompetenzen stärken, als 20 Patienten selbst zu operieren! Dass durch die Kollegen Drs. Rajiv, Ashish Choudhrie sowie Dr. Modrul ärztliche Kontinuität gewährleistet wird, ist ein glücklicher Umstand, der dieses Projekt erst möglich gemacht hat – zusammen mit der Finanzierung durch Smile Train und alle anderen Unterstützerinnen und Unterstützer. n Abb. 9: Obere Reihe (v.l.n.r.): Rüdiger Braun (Hamburg), der den ersten neuen OP (Hamburg Theater, das nach dem Bau des Clement-Moss-OP-Komplexes ein Augen-OP wurde) und später die Emergency Unit (jeweils 40.000 Euro) finanziert hat, Prof. Thomas Kreusch und Rajiv Choudhrie (Sohn des ehemaligen Chefarztes, jetzt sein Nachfolger) Abb. 7: Der Clement-Moss-OP-Trakt Abb. 8: Einer der vier Säle im neuen OPKomplex Fotos: Thomas Kreusch

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=