Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

zm114 Nr. 22, 16.11.2024, (1942) 72 | POLITIK hang mit Sozialversicherungen zu den drei wichtigsten Bereichen, die Aufwand verursachen. Innerhalb der steuerlichen Verpflichtungen gehören die Gewerbesteuer (62,2 Prozent) und die Umsatzsteuer (60 Prozent) zu den Bürokratietreibern. Auch die kürzliche Ausweitung von Berichtspflichten im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) hat den administrativen Aufwand für Unternehmen in Deutschland verstärkt. Trotz gewisser Größengrenzen treffen diese Dokumentationspflichten häufig auch kleinere Betriebe, etwa wenn sie Daten in der Lieferkette weitergeben müssen: 30 Prozent der Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden, die direkt dem LkSG unterliegen, sehen darin eine bürokratische Hürde. Für Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitenden sind es sogar 35 Prozent. Die Folgen der bürokratischen Belastungen zeigen sich in den Investitionsentscheidungen: 56,4 Prozent der Unternehmen gaben an, in den letzten zwei Jahren geplante Vorhaben aus diesem Grund gestrichen zu haben. Bei denen, die Bürokratie durch Lieferkettenvorschriften beklagen, sind es sogar 65 Prozent. Knapp ein Viertel der betroffenen Unternehmen hat deshalb Projekte ins Ausland verlagert. Bei den Unternehmen, die in diesem Bereich keine Belastungen spüren, sind es nur 10,4 Prozent. Der Formularkram befeuert den Fachkräftemangel Bürokratische Hürden wirken sich letztlich nicht nur auf Investitionen, sondern auch auf Personalentscheidungen aus. Im Durchschnitt geben 61,5 Prozent der Befragten an, dass sie in den letzten zwei Jahren zusätzliche Personal- oder Beratungsressourcen aufgrund von Bürokratie eingesetzt haben. Im Kerngeschäft haben dagegen rund 46 Prozent aufgrund des bürokratischen Aufwands auf die Einstellung benötigter Fachkräfte verzichtet. Dieser Effekt ist bei größeren Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden noch ausgeprägter. VORSCHLÄGE FÜR DIE ARZTPRAXIS Jährlich werden etwa 116 Millionen AU-Bescheinigungen ausgestellt, sie auszudrucken dauert jeweils zehn Sekunden. Wenn 80 Prozent der GKV-Versicherten eine ePA hätten, könnte man jährlich 322.000 Bürokratiestunden und 24 Millionen Bürokratiekosten einsparen, schildert die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Sie hat daher 19 Vorschläge gemacht, um Ärztinnen und Ärzte von überbordenden Regelungen zu befreien, zum Beispiel die Digitalisierung des Antragsund Genehmigungsverfahrens psychotherapeutischer Leistungen; die Abschaffung der Pflicht zur Einholung eines Konsiliarberichts bei Überweisungen durch Vertragsärzte an Psychotherapeuten; die Einführung einer Karenzzeit von drei bis fünf Tagen, in der keine AU-Bescheinigung erforderlich ist; Verzicht auf den Ausdruck von digitalisierten Arbeitsunfähiskeitsbescheinigungen (eAU) an die Versicherten; Vereinfachung und Beschleunigung des Zulassungsverfahrens für Vertragsärzte. VORSCHLÄGE FÜR DAS KRANKENHAUS „Bei den Prüfungen des Medizinischen Dienstes überschneiden sich immer wieder Strukturprüfung und Qualitätskontrolle. Alleine bei der Strukturprüfung umfasst die Richtlinie der Prüfversion des medizinischen Dienstes 497 Seiten, der Begutachtungsleitfaden zu der Richtlinie noch einmal 90 Seiten“: Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat deshalb 55 Vorschläge zum Bürokratieabbau in Kliniken vorgelegt, darunter fünf übergeordnete Kernanliegen: 1. Die Nachweispflichten müssen grundlegend reduziert werden. 2. Die Gesetzgebung muss sich einer realistischen Bürokratiefolgenabschätzung unterziehen. 3. Notwendig sind ausreichende Umsetzungsfristen. 4. Normgebung und Normumsetzung müssen klar getrennt werden. 5. Die Digitalisierung muss vorangetrieben werden. VORSCHLÄGE FÜR DIE ZAHNARZTPRAXIS Mit durchschnittlich 6 Stunden Bürokratiearbeit pro Woche je Inhaber hat die Belastung in Zahnarztpraxen ein sehr hohes Ausmaß angenommen. Inklusive der Verwaltungsarbeit der Mitarbeiter ergeben sich so für eine normale Praxis über 24 Stunden Bürokratieaufwand pro Woche. Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) plädieren dahslb dafür, die Nachweispflicht von Fortbildungen (§95 d SGB V) und die damit verbundenden Verfahrensregelungen zu streichen oder alternativ in eine stichprobenartige Prüfung der KZVen umzuwandeln. Die zusätzliche vertragszahnärztliche Pflicht zum Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung (§ 95e SGB V) sollte entfallen, da bereits eine berufsrechtliche Nachweispflicht für Zahnärzte besteht. Der Betrieb einer Röntgeneinrichtung sollte unverzüglich nach erfolgter Abnahme- und Sachverständigenprüfung ermöglicht werden. Die Frist für die Aktualisierung der Fachkunde im Strahlenschutz (Dental) sollte – nach einer ersten Aktualisierung nach fünf Jahren – auf zehn Jahre hochgesetzt werden. Bei Hygienegeräten sollte mit risikoadjustiertem Umfang und Intervallen validiert werden, statt an starren bundesweiten Fristen festzuhalten. Papiergebundene Verwaltungsprozesse zwischen Patienten und Praxis sollten nach Möglichkeit vollständig digitalisiert und Medienbrüche möglichst vermieden werden. Die Bundeszahnärztekammer und die Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung hatten bereits im September 2023 einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zum Bürokratieabbau in Zahnarztpraxen vorgelegt: https://www.bzaek.de/service/positionenstatements/einzelansicht/vorschlaege-zum-buerokratieabbau-inder-zahnaerztlichen-versorgung.html und https://www.kzbv.de/ buerokratieabbau.1784.de.html.

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