Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 22

zm114 Nr. 22, 16.11.2024, (1943) POLITIK | 73 Dem Panel zufolge schätzen Unternehmerinnen und Unternehmen, dass ihnen durch unnötige bürokratische Anforderungen im Durchschnitt rund 16,9 Prozent ihres potenziellen Gewinns entgehen. Firmen, die den Umgang mit Behörden als Hauptursache für Bürokratie ansehen, beziffern diesen Verlust sogar auf 19,6 Prozent. Im Gesundheitswesen haben dem Panel zufolge 88 Prozent der Betriebe für eine Auseinandersetzung mit einer Behörde zusätzliches Personal eingesetzt, 4 Prozent sind Geschäftsbeziehungen mit einem ausländischen Partner nicht eingegangen, ebenfalls 4 Prozent haben in Deutschland geplante Projekte stattdessen im Ausland umgesetzt und 12 Prozent haben auf die Entwicklung eines neuen Produkts verzichtet. Auf die Frage, wie man die Gesundheitsunternehmen entlasten könnte, erhielten die Forschenden eine lange Liste an Ideen: von der Verringerung des Umfangs der Verwendungsnachweise, über die Entlastung bei den Dokumentationspflichten, der Abschaffung der Arbeitszeitnachweise, einer Stärkung der Kompetenzen in den Ämtern bis hin zu einfacheren Durchführungsverordnungen. „Ein deutlicher Abbau staatlicher Bürokratie hat das Potenzial, die deutsche Wirtschaft wieder anzukurbeln und Unternehmensgewinne zu steigern“, betont Projektleiter Prof. Dr. Philipp Dörrenberg von der Universität Mannheim. „Trotz gesetzgeberischer Bemühungen stellt der bürokratische Aufwand für viele Unternehmen in Deutschland nach wie vor eine erhebliche Hürde dar. Vor allem der Umgang mit Behörden stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen. Ohne eine umfassende Reform dieser Prozesse ist der Erfolg des Bürokratieabbaus aus Sicht vieler Unternehmen begrenzt.“ ck Das German Business Panel befragt monatlich mehr als 800 Unternehmen und seit März 2024 mehr als 250 Wissenschaftler*innen zur Unternehmenslage in Deutschland und erhebt dabei Daten zu 1. erwarteten Umsatz-, Gewinn- und Investitionsänderungen, 2. unternehmerischen Entscheidungen, 3. der erwarteten Schließungsrate in der Branche und 4. der Zufriedenheit mit der Wirtschaftspolitik. STATEMENT MARTIN HENDGES „Überbordende Bürokratie wirkt abschreckend“ Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, ebenfalls ein Bürokratieentlastungsgesetz vorzulegen – noch in diesem Herbst. Das ist dringend notwendig. Denn die regulatorischen Vorgaben für Zahnarztpraxen haben derart zugenommen, dass der Alltag in den Praxen mittlerweile in großem Maße von Bürokratielasten und Verwaltungsaufgaben beeinträchtigt ist. Hiervon ist das gesamte Praxisteam betroffen. Wertvolle Zeit, die der Versorgung der Patientinnen und Patienten zugutekommen sollte, wird durch diese Aufgaben gebunden. Zusätzlich wirkt überbordende Bürokratie in hohem Maße abschreckend auf niederlassungswillige Zahnärztinnen und Zahnärzte – mit fatalen Folgen für die flächendeckende wohnortnahe zahnärztliche Versorgung. Unser Maßnahmenkatalog liegt seit Langem auf dem Tisch. Minister Lauterbach muss jetzt endlich tätig werden und den Praxen die Arbeit wieder erleichtern. STATEMENT KONSTANTIN VON LAFFERT „Das Gesetz ist eine einzige Enttäuschung“ Für die Zahnärzteschaft, deren Praxen unter immer neuen bürokratischen Lasten bei gleichzeitig eskalierendem Personalmangel nur so ächzen, ist das Gesetz eine einzige Enttäuschung. Es mag schön sein, dass die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege im Handelsund Steuerrecht einheitlich von zehn auf acht Jahre verkürzt werden soll und für deutsche Staatsangehörige zukünftig keine Hotelmeldepflicht mehr besteht. Das löst in den Praxen allerdings kein einziges bürokratisches Problem und motiviert keine einzige Kollegin, sich in eigener Praxis niederzulassen und keinen einzigen älteren Kollegen, den Ruhestand doch noch etwas zu verschieben. Wir brauchen jetzt – und damit meine ich nicht nach den nächsten Wahlen – ein radikales Umdenken im Umgang mit der Bürokratie. Wir brauchen Runde Tische aus Praxisinhabern, Behördenvertretern und neutralen Schlichtern, die sich mal durch unsere gesammelten Papiertiger arbeiten, um dort einmal radikal zu entschlacken. Andernfalls hat die wohnortnahe Versorgung in kleinen und mittleren Praxen kaum noch Luft zum Atmen. Konstantin von Laffert, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Fotos: KZBV/Knoff, LOPATA-AXENTIS.DE

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