Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 23

38 | TITEL S3-LEITLINIE „DIREKTE KOMPOSITRESTAURATIONEN AN BLEIBENDEN ZÄHNEN IM FRONT- UND SEITENZAHNBEREICH“ Teil 2: Handlungsempfehlungen für die Verarbeitung von Kompositen Caroline Sekundo, Cornelia Frese, Roland Frankenberger, Norbert Kraemer, Diana Wolff Teil 2 der S3-Leitlinie „Direkte Kompositrestaurationen an bleibenden Zähnen im Front- und Seitenzahnbereich“, die im Mai dieses Jahres auf der AWMF-Website veröffentlicht und im September 2024 im Journal of Adhesive Dentistry international publiziert wurde, beschäftigt sich mit dem Herstellungsprozess von Kompositrestaurationen. Die Leitlinie bietet praxisnahe Empfehlungen zur Verbesserung der Qualität und damit der Langlebigkeit der Restaurationen. Kompositrestaurationen sind vielseitig anwendbar und bieten dauerhafte und ästhetisch ansprechende Ergebnisse [Moraes et al., 2022]. Überleben, Qualität und Erfolg dieser Restaurationen hängen jedoch maßgeblich von einem möglichst optimal durchgeführten Herstellungsprozess ab. Essenzielle Schritte in diesem Prozess sind die Kariesexkavation und die Kontaminationskontrolle (Trockenlegung) während der Durchführung des Adhäsivprotokolls, die Verwendung geeigneter Matrizen und Adhäsivsysteme sowie eine suffiziente Lichtpolymerisation und Politur. Diese zentralen Fragestellungen wurden in PICO-Form (Population, Intervention, Comparator, Outcome) definiert und auf Basis einer systematischen Literaturrecherche beantwortet. Die Literatur wurde von den Experten der Leitliniengruppe gesichtet und bewertet. Im Folgenden wurden sieben konsensbasierte Empfehlungen und zwei konsensbasierte Statements verabschiedet. Empfehlungen Kariesexkavation Die Kariesexkavation ist ein wichtiger Eckpfeiler eines erfolgreichen Restaurationsprozesses. Es gibt zwei grundsätzliche Ansätze: die non-selektive Exkavation, bei der das gesamte kariöse Gewebe bis zur gesunden Zahnsubstanz in der Kavität entfernt wird, und die selektive Exkavation, bei der das kariös veränderte Gewebe in der Nähe der Pulpa belassen wird, um das Expositionsrisiko dieser zu minimieren [Barros et al., 2020]. Außerdem können diese Methoden als schrittweise (zweistufige) Kariesentfernung kombiniert werden [Schwendicke et al., 2021]. Weitere vitalerhaltende Maßnahmen wie Überkappungen oder (partielle) Pulpotomien wurden in dieser Leitlinie nicht evaluiert. Sowohl selektive als auch nicht-selektive Kariesexkavationsmethoden haben sich als effektiv erwiesen. Die selektive Kariesentfernung zeigt jedoch bessere Ergebnisse bei der Erhaltung der Pulpa in tiefen Läsionen. Ein systematisches Review stellte keinen Unterschied im Restaurationserfolg über zwei Jahre zwischen der selektiven und der schrittweisen Kariesentfernung fest, betonte jedoch die Überlegenheit des selektiven Ansatzes hinsichtlich einer geringeren Pulpaempfindlichkeit [Hoefler et al., 2016]. Eine weitere Metaanalyse fand ebenfalls keinen signifikanten Unterschied im Restaurationsüberleben, verzeichnete jedoch bei der selektiven Methode weniger Pulpaeröffnungen [Li et al., 2018]. Ein Cochrane-Review kam zu dem Schluss, dass die selektive oder schrittweise Entfernung von kariösem Gewebe bei tiefen Läsionen wirksamer ist als die nicht-selektive Methode, wenngleich die Evidenzqualität meist als gering eingestuft wurde [Schwendicke et al., 2021]. Weitere Übersichtsarbeiten unterstützen ebenfalls das geringere Risiko einer Pulpaexposition und damit verbundener Symptome bei selektiver Kariesentfernung, insbesondere bei pulpanahen Läsionen [Barros et al., 2020; Schwendicke et al., 2013a; Schwendicke et al., 2013b]. Die Empfehlung lautet daher, bei pulpanahen Läsionen eine einzeitige selektive Kariesentfernung der schrittweisen oder non-selektiven Kariesentfernung vorzuziehen. Kontaminationskontrolle (Trockenlegung) Eine ordnungsgemäße Isolierung des Arbeitsfeldes ist von entscheidender Bedeutung, um eine Kontamination durch Feuchtigkeit, Blut, Bakterien und andere Ablagerungen zu verhindern, die den adhäsiven Verbund und die Polymerisation beeinträchtigen können. Techniken wie Kofferdam sorgen für eine „absolute“ Trockenlegung, indem zm114 Nr. 23-24, 01.12.2024, (2008) EMPFEHLUNG ZUR KARIESEXKAVATION Empfehlungen Konsensstärke Sowohl selektive als auch non-selektive Kariesexkavationsverfahren können eingesetzt werden. Bei pulpanahen Dentinläsionen sollte eine einzeitige selektive Kariesentfernung der schrittweisen oder non-selektiven Kariesentfernung vorgezogen werden. Starker Konsens

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