Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 1

ZAHNMEDIZIN | 51 Befunde [Dubois et al., 2015]. Konsens besteht jedoch dahingehend, große und symptomatische Frakturen zu versorgen [Dubois et al., 2015; Gander et al., 2015; Karahisarlioglu, 2021]. Vergleicht man Studien zu den verschiedenen Versorgungsmethoden, zeigt sich, dass PSI deutliche Vorteile hinsichtlich der Präzision der Rekonstruktion bieten. Neuere Arbeiten belegen, dass die Volumenabweichungen zwischen der rekonstruierten und der gesunden Orbita bei individuell angefertigten Implantaten deutlich geringer ausfallen als bei vorgeformten Standardimplantaten. Dies führt zu besseren ästhetischen und funktionellen Ergebnissen, indem postoperative Komplikationen wie Enophthalmus oder Diplopie reduziert werden [Rana et al., 2015; Zimmerer et al., 2016]. Zusätzlich erfordern PSI weniger intraoperative Anpassungen, da sie bereits präzise vorgefertigt sind, im Gegensatz zu Standardimplantaten, die oft während der Operation geschnitten und gebogen werden müssen. Durch die hohe Passgenauigkeit und die einfache Handhabung kann durch die Verwendung von PSIs heutzutage sogar die OPDauer signifikant verkürzt und postoperative Komplikationen können vermieden werden [Zimmerer et al., 2016; Zieliński et al., 2017; Hartmann et al., 2022]. Ein weiterer Vorteil ergibt sich durch die Kombination von PSI mit intraoperativen Navigationstechniken, die die Genauigkeit der Implantatpositionierung erhöhen [Rana et al., 2015]. Demgegenüber stehen jedoch auch einige Nachteile von patientenspezifischen Implantaten: Die Herstellung solcher Implantate ist zeit- und kostenintensiv, da sie auf der Grundlage präoperativer Bildgebung und CAD-Planung individuell angefertigt werden müssen. Dies kann zu höheren Kosten und längeren Vorbereitungszeiten führen, was besonders bei Notfallindikationen ein Problem darstellt [Zieliński et al., 2017]. Zudem sind diese fortschrittlichen Technologien – CADSoftware und intraoperative Navigation – nicht in allen Kliniken verfügbar, was die Verbreitung von PSI einschränkt. Auch für die Patienten kann es zu längeren Wartezeiten kommen, bis das individuell angefertigte Implantat verfügbar ist und die Operation durchgeführt werden kann. Zudem bieten konventionelle Standardimplantate einige praktische Vorteile. Sie sind sofort verfügbar und erfordern keine aufwendige individuelle Fertigung, was zu einer schnelleren Durchführung des Eingriffs führt. Sie sind kostengünstiger, da sie in Serie produziert werden und keine spezielle Planung oder fortschrittliche Technologien erfordern. Standardimplantate sind in den meisten Kliniken breit verfügbar und benötigen keine spezielle Infrastruktur wie CAD-Software oder intraoperative Navigation [Zimmerer et al., 2016]. Gleichzeitig haben Standardimplantate auch klare Nachteile: Sie bieten nicht die gleiche Präzision wie PSIs, was zu größeren Volumenabweichungen im Bereich der Orbita führen kann. Dies erhöht das Risiko für postoperative Komplikationen, zum Beispiel Enophthalmus oder Diplopie [Rana et al., 2015]. Auch der intraoperative Aufwand ist höher, da Standardimplantate häufig manuell angepasst werden müssen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass patientenspezifische Implantate eine zuverlässige Therapieoption darstellen. Besonders für Frakturen in anatomisch anspruchsvollen Regionen wie der Orbitahöhle bieten sie eine sichere und reproduzierbare Versorgung mit suffizienten funktionellen und ästhetischen Ergebnissen – und gewinnen immer mehr an klinischer Bedeutung [Hartmann et al., 2022].  zm115 Nr. 01-02, 16.01.2025, (49) FAZIT FÜR DIE PRAXIS  Orbitafrakturen sind oft Folge eines stumpfen Traumas. Zu den klinischen Symptomen gehören unter anderem Motilitätseinschränkungen, Doppelbilder und Visusminderungen.  Die mediale Orbitawand ist in 27 bis 35 Prozent der Fälle mitbetroffen.  Zur Basisdiagnostik gehören eine umfangreiche klinische Anamnese inklusive ophthalmologische Basisdiagnostik sowie bildgebende Verfahren wie eine Computertomografie oder dentale Volumentomografie.  Absolute Notfallindikationen und die damit verbundene sofortige Intervention stellen Retrobulbärhämatome, traumatische Optikusneuropathien und ein akuter Visusverlust dar.  Ein konservatives Vorgehen kann bei kleinen, nicht dislozierten Frakturen ohne klinische Symptomatik oder einem erhöhtem Narkoserisiko bei multimorbiden Patienten in Betracht gezogen werden.  Durch patientenspezifische Implantate kann eine signifikante Wiederherstellung der dreidimensionalen Anatomie und Ästhetik erreicht werden. Dr. med. dent. Josephine Ionfrida Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie und Plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Augustusplatz 3, 55131 Mainz Foto: Universitätsklinikum Mainz Dr. med. dent. Paul Römer Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat

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