70 | ZAHNMEDIZIN Diabetes-Patienten mit guter versus schlechter glykämischer Kontrolle signifikant geringer und die klinischen lokalen und systemischen Entzündungsbiomarker verbessern sich nach erfolgreicher Parodontaltherapie, selbst bei Menschen mit schlechter Diabeteskontrolle [Sanz et al., 2018a; 2018b]. In der Parodontitis-Diabetes-Richtung kam ein kürzlich durchgeführter Cochrane-Review [Simpson et al., 2022], an dem 35 Studien (3.249 randomisierte Teilnehmer) beteiligt waren, zu dem Schluss, dass die Parodontaltherapie bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zu einer klinisch bedeutsamen und statistisch signifikanten Senkung des HbA1C-Spiegels um 0,3 Prozent nach sechs Monaten und 0,5 Prozent nach zwölf Monaten führte, eine ähnliche Reduktion, wie sie durch Hinzufügen einer zweiten Medikation zu einem Metformin-Regime erreicht werden würde. Die meisten Studien haben sich jedoch auf Menschen mit Typ-2-Diabetes konzentriert, für Typ-1-Diabetes sind nur wenige Informationen verfügbar. In Bezug auf die Dauer der Verbesserungen der glykämischen Kontrolle nach einer Parodontaltherapie gibt es solide Beweise für einen nachhaltigen Nutzen für mindestens zwölf Monate – längerfristige Ergebnisse wären wünschenswert [D`Aiuto et al., 2018]. Empfehlungen Welche Empfehlungen (hinsichtlich Diabetes und Parodontitis) sind für Ärzte und Gesundheitsfachpersonal für Patienten mit Diabetes in der ärztlichen Praxis relevant? (Tab. 1) zm115 Nr. 01-02, 16.01.2025, (68) Prof. Dr. med. Thomas Haak Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Diabetes Klinik Bad Mergentheim GmbH & Co. KG Theodor-Klotzbücher-Str. 12, 97980 Bad Mergentheim Foto: privat Univ.-Prof. Dr. med. dent. Dr. med. Søren Jepsen, MS Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Bonn Welschnonnenstr. 17, 53111 Bonn Foto: privat Univ.-Prof. Dr. med. dent. Henrik Dommisch Direktor der Abteilung für Parodontologie, Oralmedizin und Oralchirurgie, CharitéCentrum 3 für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde, Charité – Universitätsmedizin Berlin Aßmannshauser Str. 4-6, 14197 Berlin Foto: Gesine Born KONSENSBASIERTE EMPFEHLUNGEN FÜR DIE ÄRZTLICHE PRAXIS Empfehlungen Konsensstärke Empfehlungsgrad Patienten mit Diabetes sollen darüber aufgeklärt werden, dass sich ihr Risiko für Parodontitis durch einen schlecht eingestellten Diabetes erhöht. Starker Konsens Patienten mit Diabetes sollen ebenfalls darauf hingewiesen werden, dass – wenn sie an Parodontitis leiden – ihre glykämische Einstellung schwieriger sein kann und sie einem größeren Risiko für Diabeteskomplikationen wie Herzkreislauf- und Nierenerkrankungen ausgesetzt sind. Starker Konsens Patienten mit Diabetes sollten darüber informiert werden, dass eine erfolgreiche Therapie ihrer Parodontitis einen positiven Einfluss auf ihre Blutzuckereinstellung haben kann. Starker Konsens Alle Diabetespatienten sollen darauf hingewiesen werden, in der zahnärztlichen Praxis eine gründliche orale Untersuchung einschließlich einer parodontalen Befunderhebung als Teil ihres Diabetesmanagements zu erhalten. Konsens Patienten mit Diabetes, die ein erhöhtes Risiko für Parodontitis haben (anhand Anamnese und Parodontitis-Risiko-Score*) sollte empfohlen werden, dies weiter zahnärztlich abklären zu lassen. *https://selbsttest.dgparo.de Starker Konsens Auch wenn keine Parodontitis diagnostiziert wird, sollen weiterhin jährliche zahnärztliche Kontrolluntersuchungen stattfinden. Starker Konsens Patienten mit Parodontitis mit fortgeschrittenem Zahnverlust sollen ermutigt werden, Zahnersatz zu erhalten, um eine adäquate Kaufunktion für eine gute Ernährung wieder herzustellen. Starker Konsens Tab. 1
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