POLITIK | 75 „Große Summen für fragwürdige und schädliche Leistungen“ – der IGeL-Report 2024 legt erstmals das enorme Ausmaß des Marktes für Selbstzahlerleistungen offen. notwendig sind diese Leistungen nie – auch wenn hin und wieder das Gegenteil behauptet wird.“ Interessant: Die für den IGeL-Report befragten Versicherten nannten insgesamt 134 verschiedene IGeL – also weit mehr als die 56 im IGeL-Monitor erfassten Angebote. Eine vollständige Liste der Selbstzahlerleistungen existiert nicht, merkt der MD-Bund an. Auch das moniert der Report: Regeln, die beim Verkauf von IGeL von den ärztlichen Praxen einzuhalten sind, werden nicht immer beachtet. Gronemeyer: „So wird Patientinnen und Patienten oftmals der vermeintliche Nutzen von IGeL angepriesen, während über das Schadensrisiko nicht informiert wird.“ Der gesundheitspolitische Fokus sollte daher zukünftig darauf liegen, die Patientinnen und Patienten in den Arztpraxen besser zu informieren und die Praxen zum Beispiel dazu zu verpflichten, unabhängige schriftliche Informationen zu ihren Selbstzahlerleistungen vorzuhalten und auszuhändigen. Die Gynäkologie bleibt Top-Anbieter Der IGeL-Report 2024 zeigt, dass mit 7,5 Millionen Leistungen pro Jahr Selbstzahlerleistungen in gynäkologischen Praxen mit Abstand am häufigsten in Anspruch genommen werden. Dazu gehört der transvaginale Ultraschall der Gebärmutter und der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung, für den pro Jahr 143 Millionen Euro ausgegeben werden. Diese IGeL hob der MD-Bund erneut als Negativbeispiel hervor: „Bei diesen Untersuchungen kann es zu vielen falsch-positiven Ergebnissen und dadurch zu unnötigen weiteren Untersuchungen und Eingriffen kommen, die den Patientinnen schaden können. Gleichzeitig ist nicht belegt, dass das Risiko an Eierstockkrebs zu sterben, damit verringert werden kann.“ Bei der Inanspruchnahme von IGeL auf Platz zwei folgte die Allgemeinmedizin mit 4,5 Millionen Leistungen. Hier fragen Versicherte vor allem ein Blutbild und eine Vitamin-D-Messung zur Gesundheitsvorsorge sowie reisemedizinische Impfungen nach. Auf Platz drei bis fünf liegen die Augenheilkunde mit 4,4 Millionen, die Orthopädie und Unfallchirurgie mit 2,1 Millionen und die Urologie mit 1,7 Millionen Leistungen. Die höchsten Umsätze durch den Verkauf von IGeL erzielen laut der Analyse die Fachrichtungen Augenheilkunde (544 Millionen Euro), Gynäkologie (543 Millionen), Orthopädie und Unfallchirurgie (397 Millionen Euro), Allgemeinmedizin (341 Millionen Euro) und Dermatologie (116 Millionen Euro). Die Umfrage ergab, dass sich Alter, Geschlecht und Wohnort auf die IGeLNutzung auswirken. Regionen: In den südlichen Bundesländern werden IGeL mit 37 Prozent häufiger in Anspruch genommen als in den westlichen (33 Prozent), den nördlichen (31 Prozent) oder den östlichen (26 Prozent). Ein StadtLand-Gefälle war nicht feststellbar. Geschlechter: 41 Prozent der Frauen entscheiden sich für Selbstzahlerleistungen. Bei den Männern sind es 22 Prozent. Alter: Mit zunehmendem Alter nimmt die Inanspruchnahme von IGeL zu. Ab 45 Jahren nutzen jede zweite Frau und annähernd jeder dritte Mann (29 Prozent) Selbstzahlerleistungen. Zahnärztliche Leistungen bleiben außen vor Auch in der Erhebung für den IGeLReport 2024 wurden zahnärztliche Leistungen wieder nicht berücksichtigt. Dabei handele es sich „nicht um IGeL im eigentlichen Sinne, sondern in der Regel um Zuzahlungen, die mittlerweile auch von vielen Krankenkassen als Satzungsleistungen erstattet oder bezuschusst werden“, teilte ein Mitarbeiter am IGeL-Report auf unsere Anfrage mit. sth Hier finden Sie den IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes Bund: www.igel-monitor.de zm115 Nr. 01-02, 16.01.2025, (73) Foto: MQ-Illustrations - stock.adobe.com
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