Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 1

GESELLSCHAFT | 77 sorgung, die nicht überall in dem Maß gegeben war, dass wir ordentlich behandeln konnten. Licht gab es sowieso keins, dafür nutzten wir unsere Kopflampe. Auch die mobile Einheit war nicht immer einsatzfähig, weil der Strom oftmals nicht ausreichte. Wasser gab es auch nicht, und als Behandlungsstühle dienten uns Bürostühle, simple Liegen oder manchmal auch nur Plastikstühle. Behandlungen wie normale Füllungen, Zahnsteinentfernung und größere operative Eingriffe, etwa die Freilegung abgebrochener Wurzeln, waren dementsprechend erschwert. Die Kommunikation mit den Patienten erleichterte uns zum Glück die vor Ort ansässige Zahnärztin Neema Chungu. Obwohl sie, wie in Tansania üblich, gerade einmal ein Jahr studiert hatte, konnte sie die notwendigen Behandlungen gut durchführen. Zu dem hohen Patientenaufkommen kamen die langen Fahrwege über holprige Straßen zwischen den einzelnen Dispensaries und das ständige Auf- und Abbauen unserer Dentaleinheit. Solche langen Tage zehren an der eigenen Kondition, das haben wir bei aller Euphorie festgestellt. Gut, dass Tansania vier gute Brauereien hat und wir abends in gemütlicher Runde mit einem Bier und viel Spaß runterkommen konnten. Wir haben auch Patienten gesehen, die klare Anzeichen von tumorösen Veränderungen zeigten. Vor allem Zungenkarzinome gab es einige, die wir aber schweren Herzens unbehandelt lassen mussten, ohne etwas ausrichten zu können. In diesem Teil des Landes gibt es keine Möglichkeit der Bildgebung, der Chemotherapie, der Radiotherapie oder für größere Operationen. Jammern und Wehklagen sind hier verpönt Um die allgemeine Prophylaxe zu verbessern, bekam jeder Patient einige Zahnbürsten mit auf den Weg. Auch das ist dort kein Standard. Für eine Zahnbürste oder Zahnpasta muss man normalerweise in die Apotheke gehen, die es allerdings nicht überall gibt und die zudem recht teuer sind. Das durchschnittliche monatliche Einkommen liegt zwischen 20 und 30 US-Dollar. Zahnärzte verdienen um die 180 USDollar im Monat. Was uns besonders beeindruckt hat, war das Verhalten der Patienten. Wenn man in Deutschland mit einer Spritze und einer Zange auf ein Kind zukommt, ist das Geschrei oft groß. Aber: Egal wie viele Zähne hier bei einem Kind extrahiert wurden, nie wurde gemault oder eine einzige Träne vergossen. Zu jammern oder Schwäche zu zeigen, ist hier verpönt. Dankbarkeit und Respekt werden dagegen großgeschrieben. Der Gynäkologe erzählte uns, dass die Frauen während der Geburt normalerweise keinen Ton von sich geben, und – wenn überhaupt – nur mal etwas schneller atmen. Im Durchschnitt bekommt eine Frau hier sieben bis zehn Kinder, da sie die Altersvorsorge sicherstellen. In einigen Teilen des Landes liegt die Kindersterblichkeit bei bis zu 20 Prozent. Diese zwei Wochen waren ein ganz besonderes Erlebnis für uns und haben die Sicht auf unser wahnsinnig privilegiertes Leben noch einmal verändert. Die Zeit hat uns darin bestärkt, dass wir solche Einsätze unbedingt wiederholen möchten – wenn möglich. Es ist eine tolle Option, neue Länder und andere Kulturen hautnah kennenzulernen und gleichzeitig anderen Menschen – wenn auch nur einem Bruchteil der Bevölkerung – mit unserer sehr guten medizinischen Ausbildung zu helfen. An der Seite der beiden erfahrenen Zahnärzte konnten wir über das UniStudium hinaus noch sehr viel lernen. Solche Einsätze können wir daher jedem empfehlen.  zm115 Nr. 01-02, 16.01.2025, (75) Das war ein Pioniereinsatz, da wir erst die zweite Gruppe waren, die DWLF dorthin in Tansania geschickt hat. V.l.n.r.: Dr. Gwendolin Sztankay, Dr. Thomas Czekalla, Dr. Friedrich Burkhardt, Manfred Adelmann Alle Patienten waren selbst nach nicht ganz komplikationsfreien Extraktionen sehr dankbar. In den zwei Wochen haben wir etwa 300 Patienten behandelt, ein Großteil davon waren Extraktionen, und noch mehr Checkups gemacht. Fotos: Gwendolin Sztankay

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