Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

POLITIK | 39 der Gründung der Landeszahnärztekammer Brandenburg ein. Diese politischen Veränderungen waren für ihn als Rotarier darüber hinaus Anlass, als offizieller Gründungsbeauftragter des Rotary-Clubs in Quedlinburg wirksam zu werden. Sein Engagement hier führte nicht nur zur Ehrenmitgliedschaft im dortigen Rotary-Club, sondern sogar zum Ehrenbürger der Welterbe-Stadt. Seinen 80. Geburtstag nahm er zum Anlass, für ein Denkmal „Friedliche Revolution 1989-90 – Deutsche Einheit“ zu werben und erste finanzielle Grundlagen dafür zu legen. Die Einweihung dieses Denkmals im kommenden Jahr wird er nun nicht mehr erleben, aber es wird ein weiteres Zeichen für sein über den Tod hinaus reichendes gesellschaftliches Engagement sein. Diese Orientierung am Gemeinwohl und die gleichzeitige Verbindung mit der konsequenten Ausrichtung auf eine präventionsorientierte Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde waren die Grundlagen für die von ihm initiierte „Apollonia zu Münster-Stiftung für Zahnärzte in Westfalen-Lippe“. Spätere Preisträger waren neben ihm selbst der Mainzer Kardinal Lehmann und der Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher. Auch Berlin war ein echter Neustart Diese den Berufsstand langfristig prägenden Schwerpunkte führten im November 2000 dazu, dass er zum Präsidenten der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) für zwei Amtsperioden gewählt wurde. Mit dem gleichzeitigen Umzug der BZÄK nach Berlin nutzte er nun all seine Erfahrungen und Weitsichtigkeit für die Gestaltung der berufspolitischen Vertretung in der neuen Bundeshauptstadt. Es war ein wahrhafter Neustart, den Weitkamp mit der Forderung nach dem eigenen Gestaltungswillen des Berufsstandes verband. Auf Grundlage eines guten und belastbaren Verhältnisses zur Wissenschaft, insbesondere zur DGZMK, wurde die Neubeschreibung einer präventionsorientierten Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde als Basis zahnmedizinischen Handelns auf den Weg gebracht, die dann später wegweisend in den gesundheitspolitischen Entscheidungsprozessen war, um die Festzuschüsse in der Zahnmedizin einzuführen. Zugleich wurde als Zeichen der engen Zusammenarbeit mit der Wissenschaft der Deutsche Zahnärztetag als gesellschaftlicher, berufspolitischer und wissenschaftlicher Höhepunkt etabliert. Nicht nur der Blick auf die eigenen wissenschaftlichen Grundlagen waren für Weitkamp von Bedeutung. Früh erkannte er, dass gesundheitspolitische Entscheidungsprozesse zunehmend weitere Kompetenzen erforderten. Mit der Schaffung von beratenden Gremien mit gesundheitspolitischem, gesundheitsökonomischem und sozialwissenschaftlichem Sachverstand erweiterte er die eigenen Sichtweisen und schuf zunehmende Akzeptanz für eigene berufspolitische Vorstellungen. Die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse des gemeinsam von BZÄK und KZBV getragenen sozialepidemiologischen Instituts der deutschen Zahnärzte (IDZ) wurden zunehmend wesentliche Grundlage für den gesundheitspolitischen Diskurs. Angekommen in Berlin galt es aber auch, die Vorstellungen und Überzeugungen in dieÖffentlichkeit und die gesundheitspolitischen Gremien zu transportieren. Regelmäßige Kontakte in vertrauensvoller und respektvoller Atmosphäre mit Journalisten und gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern waren für ihn von besonderer Bedeutung. Dies alles wurde in enger und offener Abstimmung mit dem Vorstand und der Verwaltung entschieden. Sein engster Kreis für die Entscheidungen war der geschäftsführende Vorstand mit dem Hauptgeschäftsführer. Kein Weg war zu weit, kein Abend zu lang und keine Zeit zu ungünstig, sich abzustimmen, auseinanderzusetzen und dann gemeinschaftlich die Entscheidungen zu vertreten. Uneingeschränktes Vertrauen ineinander und das bei manchen Widerständen konsequente Eintreten füreinander waren die Grundlage des gemeinsamen Erfolgs. Stets mit klarer Diktion, kritisch in der Sache, aber wohlwollend in der Umsetzung, respektvoll und verbindlich warb Weitkamp in den Gremien für seine Zielvorstellungen – und setzte diese durch. Auch in dieser Zeit war er stets geerdet durch seine zahnärztliche Tätigkeit in der Praxis und eine klare Auffassung zur Freiberuflichkeit mit ihren Pflichten und Verantwortung. Seine Persönlichkeit war geprägt durch Tradition und Bodenständigkeit in seinem Heimatort, aber zugleich durch seine Offenheit gegenüber allen neuen Entwicklungen, auch in Kunst und Kultur. So prägte er sogar die innere Gestaltung der Räumlichkeiten der BZÄK durch moderne Kunst als Zeichen für die Aufgeschlossenheit des Berufsstands. Kein Weg war zu weit Mit seiner menschlichen Zuwendung schuf er in der BZÄK ein vertrauensvolles und verlässliches Miteinander. Vorausschauend wandte er sich intensiv der nachwachsenden zahnärztlichen Generation zu. Seine Initiative war maßgeblich für die Gründung der Berufsverbände BDZM und BDZA des Nachwuchses. Um jedoch auch die berufspolitischen Gremien mit entsprechenden Kompetenzen bei der Interessensvertretung zu versehen, wurde die Akademie für Freiberufliche Selbstverwaltung, die von wesentlicher Bedeutung für den berufspolitischen Nachwuchs der Gremien ist, als eine bundesweit agierende Institution unter seiner Führung eingerichtet. Wir würdigen einen besonderen Menschen und Zahnarzt, der aufgrund seiner zahlreichen Verdienste hohe Ehrungen (etwa das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse) und zahlreiche Auszeichnungen der Berufspolitik und Wissenschaft erhalten hat. Ein Mensch, der tiefe Spuren in Deutschland hinterlassen hat, der den Berufsstand in die Mitte der Gesellschaft gerückt und noch heute und zukünftig für jede Zahnärztin und jeden Zahnarzt bei der zahnärztlichen Berufsausübung spürbar und wirksam ist. Bis zuletzt war er Teil dieser Gemeinschaft. Wir hatten uns noch zum Neujahrsempfang der BZÄK 2025 verabredet. Ich persönlich verliere mit Jürgen Weitkamp einen guten Freund und wichtigen Mentor. Wir trauern um ein großes Vorbild als Mensch und als Zahnarzt. Prof. Dr. Dietmar Oesterreich langjähriger Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer zm115 Nr. 04, 16.02.2025, (233)

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