ZAHNMEDIZIN | 57 Anteil erodierte und den Alveolarfortsatz nach palatinal bis zu den Wurzelspitzen der Zähne 21 bis 24 verdrängte (Abbildung 1). Daraufhin wurde die Indikation zur Zystektomie gestellt. Die chirurgische Entfernung der zystischen Raumforderung gelang komplikationslos durch einen enoralen Zugang. Der Zystenbalg ließ sich einfach präparieren und von der knöchernen Umgebung gut abgrenzen. Der vorher abpunktierte Zysteninhalt war gelblich serös (Abbildungen 2a und 2c). Nach der Entfernung des Zystenbalgs bestand keine Exposition der Wurzelspitzen der Zähne 21 bis 24 (Abbildung 2b). Die Nasenschleimhaut konnte nach der Zystektomie vollständig und ohne Perforation erhalten werden. Das Punktat und das Zystengewebe wurden zur pathohistologischen Untersuchung an einen Facharzt für Pathologie übersandt. Der postoperative Verlauf war komplikationslos und zeitgerecht. Im Rahmen der Nahtentfernung nach einer Woche reagierten die Zähne 12, 21, 22, 23 und 24 auf die Vitalitätsprüfung weiterhin positiv. Im Ergebnis der pathohistologischen Begutachtung zeigten sich fibrosierte Zystenwandanteile, die mit respiratorischem Epithel ausgekleidet waren (Abbildung 3). Die zytologische Diagnostik des Punktats erbrachte ein zellloses, amorphes Sekret ohne atypische Zellelemente und ohne Anhalt für Malignität. Anhand der Klinik und des pathohistologischen Befunds wurde die Diagnose einer nasolabialen Zyste gestellt. Diskussion Dieser Patientenfall präsentiert die seltene Form einer entwicklungsbedingten (dysgenetischen) Kieferzyste, der sogenannten Kleestadt-Zyste – benannt nach dem Erstbeschreiber, dem deutschen Zahnarzt Karl von Kleestadt. Per definitionem handelt es sich um eine epithelial ausgekleidete „echte“ Kieferzyste, die im Bereich der Nasennebenhöhlen, insbesondere der Kieferhöhlen auftritt. Nach ihrer häufigen Lokalisation wird diese Zystenform deshalb auch als nasolabiale Zyste bezeichnet. Bei der Kleestadt-Zyste handelt es sich um eine zumeist schmerzlose zystische Veränderung, dessen epitheliale Auskleidung auf Fusionsbereiche ehemaliger embryonaler Gesichtsfortsätze und Gesichtsspalten zurückzuführen ist. Deshalb werden diese Zysten auch embryonalgeschichtlich als fissurale Zysten bezeichnet. Die Pathogenese ist bis dato nicht geklärt, man geht zm115 Nr. 04, 16.02.2025, (251) Abb. 1: präoperative Computertomografie: a und b) Darstellung der axialen CT mit durch die Raumforderung bedingter, deutlich sichtbarer Asymmetrie des extraoralen Profils, c) Darstellung der sagittalen CT mit ausgedehnter Verdrängung des Alveolarfortsatzes, anteiliger Kontinuitätsunterbrechung im Bereich des Nasebodens und engem Lagebezug zur Wurzelspitze des Zahnes 22 Abb. 2: a) Darstellung der Raumforderung nach schonender Präparation des Weichgewebes, b) Punktat der Raumforderung, c) Zustand nach Zystektomie und intraoperativer Blutstillung im Bereich des nasalen Weichgewebes, d) vollständig entferntes zystisches Gewebe Foto: MKG-Chirurgie Weißenburg ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Foto: Diagnosticum Bayern Mitte c c d b
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