zm115 Nr. 04, 16.02.2025, (252) 58 | ZAHNMEDIZIN aber davon aus, dass in der Tiefe verbliebene embryonale Epithelreste der Hochstetter’schen Epithelmauer oder versprengte Epithelreste des Ductus Nasolacrimalis durch Entzündungsreize zur Proliferation angeregt werden [Perez and Castle, 2013]. Im Jahr 2017 wurden die Kieferzysten erneut in die aktuelle WHO-Klassifikation der Kopf-Hals-Tumoren integriert [El-Naggar et al., 2017]. Danach werden epitheliale Kieferzysten von entwicklungsbedingten Zysten abgegrenzt. Diese sogenannten dysgenetischen Zysten/Kieferzysten können wiederum odontogenen und nicht odontogenen Ursprungs sein [Neff and Horch, 2012]. Die nasopalatinale Zyste ist die häufigste der dysgenetischen, nicht odontogenen Kieferzysten. Diese imponiert klinisch als mediane Schwellung unmittelbar dorsal der Schneidezähne und entsteht aus Epithelresten des Ductus Incisivus [Dedhia et al., 2013]. Als Besonderheit findet sich häufig eine Auskleidung mit respiratorischem Flimmerepithel [Swanson et al., 1991]. Eine seltene Variante ist die mediane Gaumenzyste, die klinisch als Schwellung in der dorsalen Gaumenmitte imponiert und mit einem Verhältnis von vier zu eins deutlich häufiger bei Männern auftritt [Hadi et al., 2001]. Im Zusammenhang mit dysgenetischen Zysten wird auch die globulomaxilläre Zyste häufig genannt. Diese Zystenform ist im Oberkiefer zwischen dem seitlichen Schneidezahn und dem Eckzahn lokalisiert. Die Pathogenese wird noch kontrovers diskutiert und ist nicht abschließend geklärt. Man vermutete lange die Ursache in einer Proliferation der Epithelreste der Verschmelzungsgrenze zwischen lateralem und medialem Nasenwulst. Möglicherweise liegen auch andere, nicht embryologisch bedingte Ursachen der Entstehung zugrunde [Häring et al., 2006; Dammer et al., 2014]. Die in unserem Fall vorliegende Kleestadt-Zyste ist mit einem Anteil von 0,7 Prozent aller dysgenetischen Zysten eher selten [Sheikh et al., 2016]. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Kleestadt-Zyste tritt mit einer Wahrscheinlichkeit von circa 47 Prozent vermehrt linksseitig auf, auch ein bilaterales Auftreten ist – mit circa elf Prozent – möglich. Zur besserendifferenzialdiagnostischen Abgrenzung zu entzündlich bedingten, odontogenen Zysten, sind die benachbarten Zähne bei der Kleestadt-Zyste meist vital. Durch stetiges Zystenwachstum kommt es lediglich zu druckinduzierten Resorptionen der vestibulären Kortikalis und Spongiosa oder zur Schädigung von Nachbarstrukturen [Zemann, 2013]. Die Therapie der Wahl stellt die vollständige chirurgische Entfernung dar, die in der Regel durch einen intraoralen Zugang realisiert wird und mit einer äußerst geringen Rezidivrate einhergeht [Toribio and Roehrl, 2011]. FAZIT FÜR DIE PRAXIS Bei der sogenannten KleestadtZyste handelt es sich um eine dysgenetische (entwicklungsbedingte) Zyste ohne Bezug zum zahnbildenden Organ. Die typische Lokalisation ist nasolabial oder nasoalveolär und zeigt meist keine Affektion der benachbarten Zahnvitalität. Der Zystenbalg hat häufig eine epitheliale Auskleidung mit Flimmerepithel und ist dadurch von entzündungsbedingten Zysten abgrenzbar. Die Therapie der Wahl ist eine operative Entfernung mittels Zystektomie. Rezidive sind nach vollständiger Entfernung eher selten. Abb. 3: Respiratorisches Epithel der Kleestadt-Zyste mit partieller Metaplasie des auskleidenden Epithels: a) HämatoxylinEosin-Färbung, b) Periodic-Acid- SchiffFärbung Foto: Praxis Dr. Geppert Dr. med. Jan-Philipp Geppert Facharzt für Pathologie Dres. med. Geppert + Kollegen / Pathologie – Zytologie – Dermatohistologie Bahnhofstr. 25, 72072 Tübingen Foto: privat Hannes Kittel Fachzahnarzt für Oralchirurgie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Weißenburg, Donauwörth und Eichstätt Bismarckanlage 3, 91781 Weißenburg Foto: privat PD Dr. Dr. Philipp Stockmann Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Weißenburg, Donauwörth und Eichstätt Bismarckanlage 3, 91781 Weißenburg Foto: studio herzig a b
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