Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

PRAXIS | 65 den die festgelegten Inhalte adressiert und durch gezielte Fragen zutage gefördert. Mögliche Fragen, mit denen sich vor allem das individuell gespeicherte Wissen herauskitzeln lässt, sind zum Beispiel: „Wie stellen Sie sicher, dass das Terminmanagement der Praxis sowohl lang- als auch kurzfristig betriebswirtschaftlich ausgewogen ist?“ oder „Welche ‚unsichtbaren Zeitfresser‘ in der Terminplanung haben Sie über die Jahre identifiziert, die das Honorarvolumen senken?“ „So habe ich bei einem Debriefing mit der Frage ‚Wie stellen Sie sicher, dass aufwendige Termine priorisiert werden können?‘ herausgefunden, dass die langjährige Praxismanagerin eine sehr effektive Methode zur Steuerung angewendet hat", erzählt Woitzik. „Sie erklärte, dass sie bei der Planung der Termine darauf achtet, die verfügbaren Zeiten im Praxisablauf bestmöglich zu nutzen und Zeitfenster für Behandlungen, die mit einem hohen Zeitaufwand verbunden sind, im Terminkalender geblockt hat. Sollten sie eine Woche vor dem Termin noch nicht vergeben sein, werden sie für alle Behandlungen freigeschaltet. Darüber hinaus kombiniert sie längere Behandlungen, etwa Kronen oder Implantate, mit kürzeren Routinebehandlungen wie Kontrolluntersuchungen. Diese Kombination sorgt dafür, dass der Tag effizient genutzt wird. Das ermöglicht auch, flexibel auf Änderungen im Zeitplan reagieren zu können. Wenn etwa eine aufwendige Behandlung abgesagt wird oder sich verzögert, bekommen die behandelnden Zahnärztinnen, Zahnärzte und deren Assistenzen über das PVS einen Hinweis, dass sie bei den parallel einbestellten Kontrolluntersuchungen Zeitpuffer haben und eventuell notwendige Behandlungen gleich mit durchführen können. Damit können Honorarausfälle für den Tag weitgehend kompensiert werden. In dem Debriefing wurde für mich ganz deutlich, dass im Termin-Tetris ein tiefes Verständnis für die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge in der Praxis steckt – ein Wissen, das somit gesichert war und weitergegeben werden konnte.“ 3. Dokumentation: Das erfasste Wissen wird in eine nach Schlagwörtern durchsuchbare Wissensdatei überführt. Sie kann Checklisten, Prozessbeschreibungen, Entscheidungsbäume, einen Katalog mit Best-Practice-Beispielen sowie eine FAQ-Liste enthalten. Auch Videoaufzeichnungen von Arbeitsabläufen oder Gesprächssituationen können hilfreich sein. Wichtig ist, dass das gesamte Team darauf Zugriff bekommt. 4. Training: Das im Expert Debriefing gesammelte Wissen wird in Übungssituationen mit dem Team trainiert. Idealerweise nimmt daran auch die Person teil, die die Praxis bald verlässt. Hürden beiseite schaffen Ein Debriefing kann man nicht übers Knie brechen. Nach Möglichkeit sollte man damit früh beginnen, rät Woitzik. Idealerweise direkt wenn eine Kündigung bekannt wird oder sich abzeichnet, dass jemand aus Altersgründen die Praxis verlassen wird. Für die Befragung sollten feste Zeiten festgelegt werden, in denen die scheidende Person freigestellt ist. Auch das sollte man laut Woitzik einkalkulieren: Das Debriefing kann am emotionalen Widerstand scheitern. „Langjährige Mitarbeitende können sich manchmal nur schwer von der Praxis trennen und versuchen daher, diesem unangenehmen Thema aus dem Weg zu gehen“, berichtet sie und spricht noch ein weiteres Hindernis an: „Manchmal vertreten die ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen auch die Haltung, dass die Neuen sich ihr Wissen – genau wie sie damals – sukzessive selbst erschließen müssen.“ Diese Hürden kann man versuchen aus dem Weg zu räumen, indem man den Prozess als das bezeichnet, was er im Grunde ist: eine Anerkennung für das Geleistete. „Wenn das klargestellt wird, öffnen sich viele Mitarbeitende mit anfänglichem Widerstand. Sie finden Freude daran zu reflektieren, was sie geleistet haben, und empfinden das Debriefing als wertschätzenden Abschluss ihrer Tätigkeit“, erklärt Woitzik. „Das Weitergeben von Wissen vermittelt Sinn und zeigt den scheidenden Kolleginnen und Kollegen, dass sie selbst im Abschied eine essenzielle Team-Rolle innehaben.“ sth Auf Schatzsuche: Wenn langjährige Mitarbeitende gehen, können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber deren Know-how im Rahmen eines Expert Debriefings identifizieren und erhalten. Foto: contrastwerkstatt - stock.adobe.com zm115 Nr. 04, 16.02.2025, (259)

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