Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

ZAHNMEDIZIN | 69 2024]. Während der Corona-Pandemie hat die Zahl der Fälle rasant zugenommen. Berichte von Mukormykosen als Superinfektion einer COVID-19Infektion, oftmals in Kombination mit einem Diabetes, wurden in verschiedenen Teilen der Welt dokumentiert [Ravani et al., 2021]. Mukormykosenkönnenineinekutane, eine rhino-orbito-zerebrale, eine pulmonale, eine gastrointestinale und eine disseminierte Form unterteilt werden. Das klinische Erscheinungsbild der Erkrankung ist abhängig von der betroffenen Region. Zu den allgemeinen Symptomen gehören ein stark reduzierter Allgemeinzustand, Fieber und Kopfschmerzen. Die rhino-orbito-zerebrale Form zeichnet sich im Anfangsstadium durch diffuse Gesichtsschmerzen, Wangenschwellungen und Rhinorrhoe aus. Bei voranschreitender Erkrankung kommt es zu einer orbitalen Beteiligung mit Lidödemen, Ptosis, Motilitätsstörungen bis hin zum Visusverlust [Ding et al., 2023]. Die zerebrale Mykose führt durch embolischen Gewebsuntergang zu einem initial Apoplex-ähnlichen Bild, allerdings mit einer progressiven Verschlechterung des neurologischen Zustands. Aufgrund der Dynamik dieser Erkrankung ist die schnellstmögliche Einleitung der operativen und antimykotischen Therapie entscheidend für das Patienten-Outcome. Die Computertomografie ist zwar Teil der Basisdiagnostik, aber – wie in unserem Patientenfall geschildert – nicht immer hilfreich bei der Einschätzung des Nekroseausmaßes. Das chirurgische Debridement ist in der Regel radikal und muss möglicherweise mehrfach wiederholt werden. Dies führt nicht selten zu ausgedehnten Gesichtsdefekten, die nach erfolgreicher Behandlung der Mykose einer komplexen Rekonstruktion bedürfen [Vironneau et al., 2014]. Die medikamentöse Therapie besteht aus liposomalem Amphotericin B, das in der therapeutischen Dosis multiple Nebenwirkungen aufweist, wobei das Augenmerk auf der Nephrotoxizität liegt. Bei fraglichem Ansprechen können zusätzlich Triazolderivate gegeben werden. Da bei Therapiebeginn selten die definitive Diagnose vorliegt, wird in der Regel mit einer Hochdosis-Antibiotikamedikation begonnen. Die Diagnosesicherung erfolgt durch die mikroskopische Untersuchung [Cornely et al., 2019]. Dabei zeigen sich 6–16 µm große, bandförmig angeordnete Hyphen, die als Aspergillus-Zellen missinterpretiert werden können. Zur Bestätigung der Diagnose sollte zudem eine Pilzkultur angelegt werden. Die rhino-orbito-zerebrale Mukormykose ist ein häufig letal verlaufendes Krankheitsbild mit einer Mortalität von > 50 Prozent. Trotz künftiger Entwicklungen im Bereich der molekularen Diagnostik und antimykotisch wirksamer Medikamente ist in absehbarer Zeit nicht von einer verbesserten Prognose auszugehen. „ zm115 Nr. 04, 16.02.2025, (263) FAZIT FÜR DIE PRAXIS „ Die Mukormykose des Mittelgesichts ist initial kaum von einem banalen Wangen-/Fossa-Canina-Abszess zu unterscheiden. Daher ist bei jeglicher Art von Immunsuppression, auch bei einem schlecht oder nicht-eingestellten Diabetes mellitus, an diesen opportunistischen Erreger zu denken. „ Die Therapie umfasst die unmittelbare, radikale chirurgische Intervention begleitet von intravenöser antimykotischer Medikation. „ Eine histologische Identifizierung der Pilzzellen ist obligat. DER BESONDERE FALL MIT CME Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer ist langjähriger Autor und seit 2021 wissenschaftlicher Beirat der zm. In Zusammenarbeit mit der zm-Redaktion betreut er die Rubrik „Der besondere Fall mit CME“, in der wir bevorzugt das präsentieren, was über den berühmten „Tellerrand“ der alltäglichen Praxis hinausreicht. Interessierte Autorinnen und Autoren, die besondere Patientenfälle behandelt und gut dokumentiert haben, sind herzlich eingeladen, diese bei der Redaktion der zm einzureichen. Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt/ Stellvertr. Klinikdirektor Universitätsmedizin Mainz Foto: Kämmerer Dr. med. Dr. med. dent. Vivek Bose Klinik für HNO-Heilkunde und Kopf- und Halschirurgie, Evangelisches Klinikum Düsseldorf Kirchfeldstr. 40, 40217 Düsseldorf Foto: Robert Poorten, Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf Dr. med. Dr. med. dent. Philipp Matheis Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55116 Mainz philipp.matheis@unimedizin-mainz.de Foto: Thomas Boehm

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