72 | GESELLSCHAFT Nach den letzten Zahlen (Stand Dezember 2024) der zentralen Gesundheitsbehörde CDC starben 2023 mehr als 68.000 Menschen an einer Überdosis – 17 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Seit dem Beginn der Opioid-Epidemie im Jahr 1999 sind nach CDC-Angaben geschätzt knapp eine Million Menschen in den USA an einer Überdosis Opioide verstorben. Als Schlüsselmoment der Epidemie gilt heute die Einführung des verschreibungspflichtigen Schmerzmittels Oxycontin 1996 auf dem nordamerikanischen Markt, das die Familie Sackler mit ihrem Unternehmen Purdue Pharma als schmerzstillend und mit einem angeblich sehr geringen Suchtpotenzial verbunden aggressiv bewarb (siehe Kasten). In der Folge führten Verschreibungen des Präparats nach ärztlichen und zahnärztlichen Eingriffen zigtausendfach zu Opioidkonsum und -missbrauch. Folgt jetzt die nächste Welle? Dieser Anstieg der Todesfälle durch Opioid-Überdosierung kann laut CDC bisher in drei deutlich voneinander abgegrenzten Wellen beschrieben werden (siehe Grafik). Die erste Welle begann demnach in den 1990er-Jahren mit einer Zunahme der Opioidverschreibungen. Die Zahl der Todesfälle durch Überdosierung verschreibungspflichtiger Opioide (natürliche und halbsynthetische Opioide sowie Methadon) nahm ab etwa 1999 zu, ging in den vergangenen Jahren jedoch zurück. Die zweite Welle begann 2010 und war mit einem rasanten Anstieg der Todesfälle durch HeroinÜberdosierungen verbunden – doch auch diese ebbten deutlich ab. Die dritte Welle begann 2013 und führte zu einem deutlichen Anstieg der Todesfälle durch Überdosierung synthetischer Opioide, insbesondere durch illegal hergestelltes Fentanyl und von Fentanyl-Analoga. Diese sind oft in Pulverform erhältlich oder werden zu gefälschten Pillen gepresst, meldet die CDC. Derzeit seien viele Todesfälle durch Opioid-Überdosen auch auf die Beimischung anderer Drogen zurückzuführen. Eine neue einrichtungsübergreifende retrospektive Studie zeigt nun, dass Sensibilisierungskampagnen von amerikanischen Fachgesellschaften (zm berichtete) das Verschreibungsverhalten der Zahnärzteschaft positiv beeinflusst haben. Die retrospektive Untersuchung wertete die Dokumentationen von 3.710 Patienten der Loma Linda University und des University of Texas Health Science Center in Houston aus, bei denen ambulante chirurgische Zahnextraktionen unter Vollnarkose oder Sedierung durchgeführt wurden. Die Gesamtmenge der postoperativen Opioide (bemessen in Morphin-Milligramm-Äquivalenten) wurde in den Zeiträumen von 2011 bis 2016 und von 2017 bis 2021 verglichen. zm115 Nr. 04, 16.02.2025, (266) Von 1999 bis 2022 starben fast 727.000 Menschen an einer Überdosis Opioide. Dies schließt Todesfälle durch Überdosierung mit verschreibungspflichtigen und illegalen Opioiden ein. OPIOIDKRISE IN DEN USA Weniger Zahnarzt-Rezepte, trotzdem mehr Tote Die Kampagnen zahnmedizinischer Fachgesellschaften in den USA zeigen Wirkung: Einer neuen Studie zufolge hat sich die Verschreibungshäufigkeit von Opioid-basierten Analgetika zwischen 2017 und 2021 gegenüber den fünf Jahren zuvor etwa halbiert. Die Ärzteschaft liefert ähnliche Erfolgsmeldungen. Einen spürbaren Effekt hat das auf die Opioidkrise aber noch nicht. THREE WAVES OF OPIOID OVERDOSE DEATHS 30 28 26 24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Deaths per 100.000 population AnyOpioid Heroin Other Synthetic Opioids (z.B. Fentanyl, Tramadol) Commonly Prescribed Opioids (z.B. Natural & Semi-Synthetic Opioids and Methadone) Wave 1: Rise in Prescription Opioid Overdose Deaths started in the 1990s Wave 3: Rise Synthetic Opioid Overdose Deaths started in 2013 Wave 2: Rise in Heroin Overdose Deaths Started in 2010
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