zm115 Nr. 05, 01.03.2025, (348) 58 | ZAHNMEDIZIN In unserem Fall konnte eine R0-Resektion erreicht werden, es bestanden keine nodalen Metastasen und keine perineurale Invasion, so dass auf eine adjuvante Strahlentherapie verzichtet werden konnte. Dies entspricht den aktuellen Empfehlungen [Slade et al., 2021; Thatipalli et al., 2024]. In fortgeschrittenen Fällen mit hohem Rezidivrisiko kann eine Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie erwogen werden. Während klassische Chemotherapeutika wie Cisplatin oder 5-FU bislang keine überzeugenden Ergebnisse lieferten, sind neuere Ansätze mit EGFR-Inhibitoren und Immuntherapie in der Erprobung [Tahiri et al., 2022]. Der EGFR-Expressionsstatus könnte in Zukunft als Biomarker zur Risikostratifizierung herangezogen werden, da EGFR bei etwa 70 Prozent der Speicheldrüsenkarzinome exprimiert wird [Tahiri et al., 2022]. Aufgrund der anatomischen Nähe zur Zunge, zum Unterkiefer und zu den Nervenstrukturen kann die Resektion eines submandibulären Karzinoms funktionelle und ästhetische Einschränkungen mit sich bringen. In diesem Fall wurde der Defekt mit einem mikrovaskulär anastomosierten anterolateralen Oberschenkellappen (ALT-Lappen) rekonstruiert. Diese Methode bietet eine gute funktionelle und ästhetische Wiederherstellung, insbesondere bei großflächigen Defekten, und hat sich in der KopfHals-Chirurgie als Standard etabliert [Goetze et al., 2020]. Die Prognose von Plattenepithelkarzinomen der Glandula submandibularis bleibt insgesamt ungünstig, insbesondere wenn nodale Metastasen oder eine perineurale Invasion vorliegen. In einer Kohorte von 63 Patienten zeigten Plattenepithelkarzinome die schlechteste 5-Jahres-Überlebensrate (nur 44 Monate im Vergleich zu 118 Monaten bei anderen Speicheldrüsenkarzinomen) [Kucharska et al., 2024]. Die langfristige Nachsorge ist essenziell, da Plattenepithelkarzinome eine hohe Neigung zu lokalen Rezidiven und zu Fernmetastasen haben [Al Burshaid et al., 2023]. Studien empfehlen engmaschige klinische Untersuchungen alle drei bis sechs Monate in den ersten zwei Jahren, danach halbjährlich, eine regelmäßige Bildgebung (CT/ MRT) bei unklaren Befunden oder Hochrisikopatienten, PET-CT in ausgewählten Fällen zur Detektion von Fernmetastasen [Tahiri et al., 2022]. FAZIT FÜR DIE PRAXIS Plattenepithelkarzinome der Glandula submandibularis sind extrem selten, machen weniger als zwei Prozent aller malignen Speicheldrüsentumoren aus und haben eine schlechtere Prognose als viele andere Speicheldrüsenkarzinome. Die Abgrenzung von primären Tumoren der Speicheldrüsen gegenüber Metastasen aus anderen Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinomen ist essenziell. Eine umfassende Bildgebung (CT, MRT, PET-CT) und eine histopathologische Sicherung sind erforderlich, da eine Feinnadelaspiration (FNAC) oft nicht ausreicht. Die perineurale Invasion (PNI), eine nodale Metastasierung und positive Resektionsränder (R1/R2) verschlechtern die Prognose und erfordern eine adjuvante Therapie. Die Therapie besteht aus einer radikalen chirurgischen Resektion mit Sicherheitsabstand und gegebenenfalls einer Neck Dissection. Eine adjuvante Strahlentherapie wird nur bei Risikofaktoren empfohlen. Aufgrund der hohen Rezidivneigung sind regelmäßige klinische Kontrollen mit Bildgebung (CT/MRT) essenziell. Engmaschige Nachsorgeintervalle von drei bis sechs Monaten in den ersten zwei Jahren sind empfohlen. Zahnärzte sind oft die ersten Ansprechpartner, wenn Patienten eine persistierende submandibuläre Schwellung berichten. Eine frühe Überweisung zur weiterführenden Diagnostik kann die Prognose verbessern. CME AUF ZM-ONLINE Wenn Routine zum Ausnahmefall wird – seltener Tumor der Glandula submandibularis Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. Abb. 4: Postoperative Situation nach Resektion des Plattenepithelkarzinoms und Defektrekonstruktion mittels mikrovaskulär anastomosiertem anterolateralem Oberschenkellappen (ALT-Lappen): Der gut durchblutete Lappen zeigt eine intakte Nahtlinie ohne Anzeichen von Ischämie oder Nekrose, Einlage von Redon-Drainagen zur Sekretableitung. Foto: Peer W. Kämmerer
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