Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 6

48 | POLITIK zm115 Nr. 06, 16.03.2025, (434) NEUES POSITIONSPAPIER DER BUNDESZAHNÄRZTEKAMMER Ernährung gehört verstärkt auf die TOP Johan Wölber, Michael Brandt, Sebastian Ziller, Alice Arndt-Fink Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen und Diabetes nehmen in Deutschland seit Jahren zu. Zu den Risikofaktoren zählt eine ungesunde Ernährung, zu deren Folgen gehören auch Karies und Parodontalerkrankungen. Deshalb hat die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) ihre Positionen zur Ernährungszahnmedizin neu formuliert – mit konkreten Forderungen an die Politik. Eine kurze Bestandsaufnahme zur Ernährungszahnmedizin zeigt: In Deutschland nehmen die Menschen im westeuropäischen Vergleich den meisten Zucker über Softdrinks auf. Laut der Verbraucherorganisation foodwatch lag allein der durchschnittliche Konsum durch gesüßte Getränke im Jahr 2023 bei 23 Gramm pro Tag – umgerechnet 8,5 Kilogramm pro Kopf und Jahr [foodwatch, 2024]. Auch der Pro-Kopf-Zuckerkonsum ist nach wie vor zu hoch: Zuletzt betrug er 33,2 Kilogramm pro Jahr und überschritt damit die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Höchstmenge um das Doppelte. Diese empfiehlt Erwachsenen maximal eine Gesamtzuckermenge von 25 bis 50 Gramm pro Tag. Für Kinder sollte Zucker höchstens zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr ausmachen [foodwatch, 2024; WHO, 2015]. Vor diesem Hintergrund hat die BZÄK ihr neues Positionspapier vorgelegt. Es geht auf die gesundheitlichen Risiken einer unausgewogenen Ernährung und eines übermäßigen Zuckerkonsums für die Mund- und Allgemeingesundheit ein, gibt Zahnärztinnen und Zahnärzten Empfehlungen zur Ernährungsberatung in der zahnärztlichen Praxis und fordert die politischen Akteure zu verstärkten präventiven Maßnahmen auf. Die Zuckersteuer in GB hat den Konsum enorm reduziert Ein funktionierendes Beispiel für eine erfolgreiche Reduktion des Zuckergehalts in Erfrischungsgetränken liefert Großbritannien. Dort wurde 2018 eine Herstellerabgabe auf zuckerhaltige Getränke eingeführt. Bereits die Ankündigung dieser Maßnahme führte damals zu einer drastischen Reduktion des Zuckergehalts und damit -konsums über Softdrinks. Heute liegt dieser fünf Gramm pro Tag und Kopf unter dem deutschen Niveau. Vor der Einführung war der Zuckerkonsum über Softdrinks in beiden Ländern ähnlich hoch gewesen. Ab Oktober 2025 will die britische Regierung die Zuckersteuer mit Werbeeinschränkungen für ungesunde Lebensmittel flankieren. Diese Maßnahmen entsprechen den Empfehlungen des Deutschen Bürgerrates 2024 [Bürgerrat, 2024] und der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Erkrankungen (DANK). Der Zusammenhang von Mundgesundheit und Allgemeingesundheit ist durch wissenschaftliche Studien hinreichend belegt: Ein übermäßiger Zuckerkonsum ist nicht nur die Hauptursache für Karies, sondern erhöht auch das Risiko für chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und bestimmte Krebsarten, und zwar von frühester Kindheit an. Entzündliche Prozesse in der Mundhöhle können systemische Die Bundeszahnärztekammer fordert die neu gewählte Bundesregierung auf, verstärkt auf Prävention zu setzen und das Thema Ernährung unter Einbeziehung zahnmedizinischer Expertise zu priorisieren. Foto: TheoTheWizard - stock.adobe.com

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