Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 6

50 | POLITIK zm115 Nr. 06, 16.03.2025, (436) positiv beeinflussen kann. Eine gute Orientierung geben die aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) [DGE, 2024]. In ihrem Positionspapier greift die BZÄK all diese Aspekte auf. Sie weist darauf hin, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte durch eine gezielte Ernährungsberatung einen entscheidenden Beitrag zur Gesundheitsförderung leisten können. Oft erkennen sie als erste die Anzeichen einer unausgewogenen Ernährung oder entzündlicher Prozesse im Körper – lange bevor systemische Erkrankungen auftreten. Dank der regelmäßigen Patientenkontakte bietet sich in den Praxen die Möglichkeit, frühzeitig auf Gesundheitsrisiken hinzuweisen und präventive Maßnahmen anzustoßen. Entscheidend sind wiederholte, kurze Beratungsimpulse Die Zahnmedizin hat in den vergangenen Jahrzehnten Präventionserfolge bei der Mundgesundheit dokumentiert, die in anderen medizinischen Bereichen beispiellos sind. Durch gezielte Vorsorgemaßnahmen konnte die Mundgesundheit erheblich verbessert werden, während kostspielige „Reparaturleistungen“ rückläufig sind. Dies zeigt, dass präventive Konzepte nicht nur im zahnmedizinischen Bereich, sondern auch für die allgemeine Gesundheit große Potenziale bieten – auch durch eine verstärkte Integration von kurzen Ernährungsberatungsimpulsen in den Praxisalltag. Im zahnärztlichen Beratungsgespräch mit der Patientin und dem Patienten lassen sich individuelle Ernährungsgewohnheiten analysieren und konkrete Empfehlungen vermitteln. Dazu gehören die folgenden Anregungen: 1. Zucker vermeiden: zuckerhaltige Getränke und stark verarbeitete Lebensmittel am besten unter 25 g/Tag reduzieren (WHOEmpfehlung) 2. Eine hauptsächlich pflanzenbasierte Vollwerternährung: natürliche und wenig verarbeitete Lebensmittel bevorzugen, wenig (oder kein) Fleisch, ein- bis zweimal pro Woche Seefisch 3. Eine vielseitige und nährstoffreiche Ernährung: Eine ausgewogene Mischkost fördert die Gesundheit. 4. Gesunde Fette bevorzugen: mehrfach ungesättigte Fettsäuren, beispielsweise aus Fisch, Nüssen, Samen und pflanzlichen Ölen, integrieren 5. Ausreichend Flüssigkeit aufnehmen: idealerweise in Form von Wasser oder ungesüßten Tees 6. Zahnschädigende Ernährungsgewohnheiten vermeiden: besonders den frühkindlichen Zuckerkonsum begrenzen 7. Verhältnispräventive Maßnahmen umsetzen: Neben einer individuellen Ernährungsberatung sind politische Maßnahmen notwendig, um gesunde Ernährung alltagstauglich – und finanzierbar – zu machen. Freiwillige Selbstverpflichtung war nur mäßig erfolgreich Die Politik habe bisher, kritisiert die BZÄK in ihrem Papier, weitgehend auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie gesetzt – mit mäßigem Erfolg. Der jährliche Pro-Kopf-Zuckerkonsum liege seit Jahren weit über den Empfehlungen der WHO. Diese Entwicklung hat gesundheitliche Folgen: Rund 54 Prozent der Erwachsenen in Deutschland sind übergewichtig, fast 13 Millionen Erwachsene leiden an Adipositas. Mehr als 15 Prozent der deutschen Kinder sind übergewichtig, knapp sechs Prozent adipös. Gleichzeitig steigt die Prävalenz ernährungsbedingter Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes seit Jahren kontinuierlich. Deutschlandweit sind (immer noch) durchschnittlich 15 Prozent der unter dreijährigen Kinder von Karies betroffen, besonders Kinder aus Familien in sozial schwierigen Lebenslagen leiden unter frühkindlicher Karies (Early Childhood Caries, ECC). In sozialen Brennpunkten steigen die Prävalenzen der ECC bis auf etwa 40 Prozent [Team DAJ, 2017]. Vor diesem Hintergrund hat die BZÄK neben den kurzen Ernährungsberatungsimpulsen für die zahnärztliche Praxis auch klare Forderungen an die Politik formuliert. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehören unter anderem: ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Dr. Michael Brandt Präsident der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein und Vorsitzender des Ausschusses Präventive Zahnmedizin der Bundeszahnärztekammer Foto: ZÄK Schleswig-Holstein Dr. Sebastian Ziller Leiter der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der Bundeszahnärztekammer Chausseestr. 13, 10115 Berlin Foto: BZÄK / Sandra Irmler, 2023 Prof. Dr. Johan Wölber Klinik für Zahnerhaltungskunde & Parodontologie, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Foto: privat

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