Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 6

ZAHNMEDIZIN | 85 zm115 Nr. 06, 16.03.2025, (471) rungen (> 10 mm) bei gleichzeitig geringerer Rezidivgefahr und geringerem Risiko einer velopharyngealen Insuffizienz mit einhergehender Sprechverschlechterung [Kumar et al., 2006; Kloukos et al., 2018]. Erwähnt werden muss an dieser Stelle der Oberkieferhypoplasie natürlich auch die transversal gerichtete chirurgische Gaumennahterweiterung (GNE – SARPE), die sicherlich die häufigste Form der Oberkieferdistraktion im Rahmen kombinierter kieferorthopädischchirurgischer Therapien darstellt. AuchaufLe-Fort-II-und-III-Ebenekann mithilfe der Distraktion gegenüber der konventionellen Mittelgesichtsvorverlagerung eine signifikant größere Vorverlagerung (bis zu 20 mm und mehr) bei gleichzeitiger Verringerung der perioperativen Morbidität (vor allem Infektionsgefahr) und der Rezidivrate [Shetye et al., 2010; Saltaji et al., 2014] erreicht werden. Hier hat sich die Distraktion eindeutig als Therapie der Wahl etabliert. Grundsätzlich können auch für das Mittelgesicht sowohl interne als auch externe Distraktoren verwendet werden (Abbildungen 9 und 10). Interessanterweise lässt sich für das Mittelgesicht, vor allem in der Le-Fort-IIIEbene, ein weltweiter Trend hin zu den externen Apparaturen feststellen, was in erster Linie auf die bessere Steuerung des Distraktionsvektors und die höhere Flexibilität zurückzuführen ist [Bertrand et al., 2019]. Kombination Mittelgesicht und Unterkiefer Bei älteren Kindern mit ausgeprägten Formen von Treacher-Collins-Syndromen wurde 2018 erstmalig eine kombinierte Distraktion des Mittelgesichts und Unterkiefers en bloc mit Rotation gegen den Uhrzeigersinn beschrieben, wodurch der oro- und der hypopharyngeale als auch der nasopharyngeale Luftweg erweitert wird – bei gleichzeitiger Etablierung einer eindeutigen dentalen Okklusion als Voraussetzung für ein stabiles Langzeitergebnis [Hopper et al., 2018]. Abbildung 11 zeigt dieses Vorgehen an einer eigenen Patientin, wie es in Deutschland erstmals erfolgreich durchgeführt werden konnte. Auch für die hemifaziale Mikrosomie könnte die gleichzeitige laterale Distraktion des Unter- und Oberkiefers in Okklusion eine zielführende Option darstellen, da über die Okklusion und den Distraktor des Oberkiefers die vertikalen Kräfte der Ramusdistraktion auf das stabile Jochbein übertragen werden und somit die Resorptionsgefahr des Kondylus sinkt bei gleichzeitiger Gewährleistung der Okklusion [Lu et al., 2016]. Kranium Auch Kraniosynostosen, also die frühzeitige Verknöcherung einer oder mehrerer Schädelnähte mit einhergehender Schädeldeformierung und möglicher Hirndruckerhöhung, können mithilfe der Distraktionsosteogenese als Alternative zur einmaligen Schädeldachmodellierenden-OP (zum Beispiel Fronto-Orbitales Advancement, FOA) behandelt werden. Das SchädelAbb. 10: Externe Distraktion einer Mittelgesichtshypoplasie bei Nichtanlage der linksseitigen paramedianen anatomischen Mittelgesichts- und Stirnhöhlenstrukturen: A bis C: Zehnjähriger Junge mit Nichtanlage der linksseitigen Nasenhaupt-, Kieferund Stirnhöhle, fehlende Siebbeinzellen sowie Nichtanlage Zahn 21 D: CT-Rekonstruktion nach Le-Fort-II-Osteotomie und Distraktion der ersten 5 mm zur Kontrolle der regelrechten Vorverlagerung: Zu sehen sind die Drahtaufhängungen, die paranasal und an der Apertura piriformis bds. über Osteosyntheseplatten fixiert werden. E: Klinische Darstellung des REDDistraktors während der Distraktion F: Ergebnis mit geringer Überkorrektur Foto: Tobias Ettl A C E D F B

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