26 | ZAHNMEDIZIN zm115 Nr. 08, 16.04.2025, (628) keit von Füllungen und konfektionierten Stahlkronen über einen Zeitraum von sieben Jahren zu vergleichen, um Versorgungsmuster im Praxisalltag zu erkennen und nötigenfalls Optimierungsvorschläge für die Kinderzahnheilkunde zu unterbreiten. Material und Methode Unsere Arbeitsgruppe analysierte restaurative Behandlungen im Milchgebiss. Dafür wurden Daten von 367.139 behandelten Milchmolaren bei Kindern unter sieben Jahren eingeschlossen. Die Behandlungsfälle umfassten den Zeitraum von 2012 bis 2015, mit einer Nachbeobachtungszeit von exakt sieben Jahren bis Dezember 2022. Kategorisiert wurde nach der Anzahl der Flächen einer Füllung beziehungsweise ob eine Stahlkrone abgerechnet wurde. Die Endpunkte wurden aufgeteilt in erfolgreich (keine Re-Intervention innerhalb des siebenjährigen Beobachtungszeitraums), geringfügiges Versagen (Erneuerung der Füllung oder Krone) oder großes Versagen (Pulpotomie oder Extraktion). Die statistische Analyse erfolgte mittels eines konkurrierenden Risikomodells (Fine-undGray-Modell) und einer Cox-Regression, um das Risiko für Re-Interventionen zu bewerten. Ergebnisse Besonders auffällig war, dass die konfektionierte Stahlkrone noch immer ein Nischendasein fristet. Von 367.139 initial restaurativ behandelten Milchmolaren wurden lediglich 5.641 mit Stahlkronen versorgt. Das entspricht einem Anteil von nur 1,54 Prozent der eingeschlossenen Behandlungen an Milchmolaren bei Kindern unter sieben Jahren. Genauso eindeutig war der Unterschied bei der Haltbarkeit der Behandlungen in diesem Zeitraum: Während die Erfolgsrate bei Füllungen in Abhängigkeit von der Größe lediglich zwischen 46,2 und 52,6 Prozent lag, konnte die konfektionierte Stahlkrone mit einer Erfolgsrate von 80,6 Prozent aufwarten. Besonders negativ fiel die zweiflächige Füllung auf, die die meisten Re-Interventionen über den Sieben-Jahres-Zeitraum benötigte. Mit zunehmender Größe der Füllung reduzierten sich die Fälle von Austausch oder Reparatur (geringfügiges Versagen) und der Anteil von späteren endodontischen Behandlungen oder Extraktionen stieg an (großes Versagen). Aber auch bei Betrachtung des großen Versagens schnitt lediglich die einflächige Füllung (15,5 Prozent) besser ab als die konfektionierte Stahlkrone (16,3 Prozent). Mehrflächige Füllungen hatten mit 26,8 bis 27,4 Prozent signifikant höhere Versagensraten, was bedeutet, dass bei mehrflächigen Füllungen das Risiko für eine nachträgliche Pulpatherapie oder eine Extraktion deutlich höher ist, als wenn dieser Zahn initial mit einer Krone versorgt worden wäre (Tabelle 1, Abbildung 1). Diskussion Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass kariöse Milchmolaren, die mit einer konfektionierten Stahlkrone versorgt wurden, seltener nachbehandelt werden. Dies betrifft sowohl die kleinen, aber insbesondere auch die großen Misserfolge. Doch warum ist das so? Stahlkronen umschließen den gesamten Zahn und schützen ihn dadurch besser vor weiteren kariösen Läsionen, Frakturen oder Randundichtigkeiten. Immerhin ist die „Sekundärkaries“ mit über 50 Prozent eine der Hauptursachen für das Versagen von Füllungen [Bücher et al., 2014, 2015]. Dies wird verstärkt durch die Tatsache, dass die meisten Kinder, die wegen frühkindlicher Karies (Early Childhood Caries, ECC) behandelt werden, automatisch zur Gruppe mit hohem Kariesrisiko gehören. Interessant ist der hochsignifikante Unterschied in der Haltbarkeit zwischen Füllung und Krone. Zudem kann man unterstellen, dass die Zähne, die mit einer konfektionierten Stahlkrone behandelt wurden, vermutlich einen größeren Defekt aufwiesen und damit eine schlechtere Initialprognose hatten als die Zähne, die mit einer Füllung versorgt wurden. In einer weiteren Analyse aus diesem Datensatz wurde festgestellt, dass die Schere der Haltbarkeit umso mehr auseinandergeht, COMPETING RISK REGRESSION UND COX-REGRESSION FÜR VERSAGENSARTEN RESTAURATIVER BEHANDLUNGEN AN MILCHMOLAREN Geringfügiges Versagen Austausch oder Erweiterung der Füllung oder Krone Großes Versagen Endodontische Behandlung oder Extraktion N SHR (95%CI)1,2 P-Wert HR (95%CI)1,2 P-Wert Behandlung Einflächige Füllung 117.721 – – Zweiflächige Füllung 198.815 1,108 (1,094 bis 1,122) < 0,001 1,751 (1,720 bis 1,783) <0,001 Dreiflächige Füllung 36.695 0,855 (0,838 bis 0,873) < 0,001 1,767 (1,723 bis 1,812) <0,001 Mehr als dreiflächige Füllung 8.267 0,694 (0,664 bis 0,724) < 0,001 1,825 (1,744 bis 1,910) <0,001 Konfektionierte Stahlkrone 5.641 0,117 (0,097 bis 0,141) < 0,001 0,786 (0,695 bis 0,890) <0,001 1 SHR = Subdistribution hazard ratio, HR = Hazard ratio, CI = Confidence interval 2 Adjustiert für Alter des Kindes und Behandlungsdatum unter Verwendung von restricted cubic splines (Schätzungen nicht dargestellt). Tab. 1 Quelle: Pötter et al.
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