Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 8

ZAHNMEDIZIN | 27 zm115 Nr. 08, 16.04.2025, (629) HINWEISE ZUR KLINISCHEN UMSETZUNG DER HALL-TECHNIK Indiziert ist die Hall-Technik insbesondere bei tieferen kariösen Läsionen, die noch keine pulpitische Symptomatik aufweisen sowie bei Kindern mit Kooperationsschwierigkeiten, bei denen eine invasive Behandlung problematisch wäre (Abbildung 2). Kontraindiziert ist das Verfahren bei caries profunda mit dem Risiko pulpaler Komplikationen, bei klinischen oder röntgenologischen Zeichen einer irreversiblen Pulpitis, bei einer apikalen Aufhellung, bei Pulpanekrose oder bei akuten Beschwerden. Die Anwendung beginnt mit einer sorgfältigen Reinigung des betroffenen Zahnes, um Plaque beziehungsweise Biofilm zu entfernen. Ein enger Approximalraum kann durch das Platzieren von Separiergummis für ein bis zwei Tage – teilweise sind auch ein bis zwei Stunden ausreichend – erweitert werden, um Platz für die Krone zu schaffen (Abbildungen 2b und 2c). Die Auswahl einer passenden Stahlkrone erfolgt durch Anprobieren verschiedener Größen (meist Größe 5). Die Krone sollte sich mit moderatem Druck über den unpräparierten Zahn setzen lassen, ohne übermäßigen Widerstand zu bieten. Nach der Größenauswahl wird die Stahlkrone mit einem hochviskösen Glasionomerzement, beispielsweise Ketac™ Cem oder Fuji pink, vollständig befüllt. Anschließend wird sie auf den Zahn gesetzt und durch sanften Druck fixiert. Die endgültige Positionierung erfolgt, indem der kleine Patient oder die kleine Patientin auf eine Watterolle oder einen Plastikstreifen beißt, bis die Krone fest über den Zahn gleitet. Dabei ist es wichtig, dass die Krone den Zahn komplett bedeckt und die Ränder epi- bis leicht subgingival liegen (Abbildung 2d). Der dabei austretende Zement sichert eine vollständige Randabdichtung. Anschließend wird das überschüssige Material entfernt, um Reizungen des Zahnfleischs zu vermeiden. Postoperative Beschwerden sind selten, allerdings kann in den ersten Stunden nach dem Setzen der Stahlkrone ein leichtes Druckgefühl auftreten. Die Eltern sollten über diese mögliche Anfangsreaktion aufgeklärt werden, ebenso wie über die Bedeutung regelmäßiger Kontrolluntersuchungen, um den Sitz und die Adaptation der Krone zu überprüfen. Langfristig bleibt die Stahlkrone in der Hall-Technik in über 90 Prozent der Fälle asymptomatisch in situ, bis der Milchmolar physiologisch exfoliert. Die Hall-Technik kann auch durch eine vorherige Applikation von Silber(diamin)fluorid ergänzt werden und nennt sich dann SMART-Hall-Technik (Abbildung 3). Abb. 2: Hall-Technik: Approximale Dentinkaries ohne Schmerzanamnese an Zahn 74 distal, röntgenologisch (a) beziehungsweise klinisch (dunkle Schatten, b). Nach Entfernung des orthodontischen Separiergummis (c) wird die mit Glasionomerzement befüllte Stahlkrone einfach über den Zahn gestülpt und in richtiger Position festgedrückt (d). Der Patient beißt fest zusammen, so dass die Kronenränder leicht subgingival liegen. Anschließend werden die Zementreste entfernt. Fotos: Julian Schmoeckel Abb. 3: SMART-Hall-Technik: Aktive kariöse Läsionen an den Milchmolaren im Unterkiefer bei einem mäßig kooperativen vierjährigen Kind ohne berichtete Schmerzsymptomatik vor der Applikation mit Riva-Star® (aqua) zur Kariesinaktivierung (a). Zwei Monate später sind diese kariösen Läsionen deutlich inaktiviert (b). Bei bestehender Symptomfreiheit und ausreichenden Dentinbrücke im Röntgenbild kann nun beispielsweise eine Versorgung der Milchmolaren in der SMART-Hall-Technik durchgeführt werden. Diese ist hier dargestellt bei der klinischen Nachuntersuchung nach 1,5 Jahren, bei der weiterhin die Zähne asymptomatisch sind und in Funktion stehen. a a c c d b b

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