zm115 Nr. 08, 16.04.2025, (630) 28 | ZAHNMEDIZIN je jünger die Patienten sind [Vollmer et al., 2024]. Vor allem für diese besonders jungen Patienten stellt eine möglicherweise unnötige Re-Intervention eine große Belastung dar, so dass hier der konfektionierten Stahlkrone eine ganz besonders große Bedeutung zukommt. Die Anwendung von konfektionierten Stahlkronen bietet viele Vorteile. Dabei muss diese Kariestherapie nicht kompliziert sein. Traditionell wird unter Lokalanästhesie zusätzlich zur Kariesexkavation der zu überkronende Zahn approximal und okklusal beschliffen und die Krone anschließend über den Zahn zementiert (konventionelle Technik). Noch simpler, schneller und kostengünstiger geht es mit der HallTechnik [Innes et al., 2015], bei der asymptomatische kariöse Milchmolaren ohne Lokalanästhesie, ohne Präparation und ohne Kariesexkavation behandelt werden (Abbildungen 2 und 3). Hier werden die Approximalräume zu den Nachbarzähnen durch das Platzieren von Separiergummis erweitert und anschließend wird die konfektionierte Krone über den kariösen Milchmolaren zementiert. Der Federrand der Krone sorgt in Kombination mit dem Zement für ausreichend Retention und Inaktivierung der Läsion. Eine okklusale Reduktion ist hier nicht nötig, da der Zahn innerhalb weniger Wochen intrudiert [Akyildiz et al., 2025]. Mittlerweile gibt es zahlreiche RCTs, die signifikant höhere Erfolgsraten von konfektionierten Stahlkronen in verschiedenen Ländern und Settings, mit verschiedenen Vergleichsinterventionen belegen [Azadani et al., 2020; Khan et al., 2019; Narbutaite et al., 2024; Santamaría et al., 2014; Schwendicke et al., 2021]. Nur die Erfolgsraten von der Stahlkrone in der konventionellen Technik sind genauso hoch (circa 90 Prozent) wie die der Hall-Technik [Elamin et al., 2019] oder auch wie modifizierte Versionen der Hall-Technik mit minimaler Präparation [Midani et al., 2019]. Fazit für die Praxis Folgende Schlussfolgerungen lassen sich für die klinische Praxis treffen: Füllungen sind die häufigste restaurative Therapie kariöser Milchmolaren, obwohl sie sehr hohe ReInterventionsraten aufweisen. Sie müssen öfter erneuert werden und die Wahrscheinlichkeit für eine spätere Pulpatherapie oder Extraktion ist höher, was dann wiederum mitunter negative Zahnbehandlungserfahrungen für diese Kinder bedeutet. Konfektionierte Stahlkronen haben wesentlich bessere Erfolgsraten, auch bei einer anzunehmend schlechteren Initialprognose. Stahlkronen wurden wahrscheinlich tendenziell bei größeren/tieferen Läsionen und auch eher bei Kariesrisiko-Kindern in Spezialistenpraxen angewandt und unterlagen dennoch signifikant niedrigen ReInterventionsraten. Bei allen Milchmolaren mit Läsionen, die mehr als eine Fläche umfassen, sollte die konfektionierte Stahlkrone als Therapieoption berücksichtigt werden. Dies ist umso wichtiger, je jünger die Kinder und je mehr Zähne im Gebiss betroffen sind (Kariesrisiko). Die Applikation konfektionierter Stahlkronen in der Hall-Technik stellt eine unkomplizierte und betriebswirtschaftlich interessante Option der Kariestherapie im Milchgebiss dar, die auch in Allgemeinzahnarztpraxen umgesetzt werden kann. Die Studie: Pötter LA, Vollmer M, Santamaría RM, Splieth CH, Schmoeckel J.: Performance of restorations in primary molars over a seven-year period. J Dent. 2024 Aug;147:105121. doi: 10.1016/j. jdent.2024.105121. Epub 2024 Jun 8. PMID: 38857648. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Versagensraten von restaurativen Behandlungen an Milchmolaren Geringfügiges Versagen Austausch oder Erweiterung der Füllung oder Krone 0 0% 10% 20% 30% 40% 1 2 3 4 5 6 7 Zeit nach Erstbehandlung des Zahnes in Jahren Kumulative Inzidenzrate Großes Versagen Endodontische Behandlung oder Extraktion 0 0% 10% 20% 30% 40% 1 2 3 4 5 6 7 Zeit nach Erstbehandlung des Zahnes in Jahren 39% 29% 37% 31% 31% 25% 27% 22% 4% 3% Konfektionierte Stahlkrone Konfektionierte Stahlkrone Mehr als dreiflächige Füllung Dreiflächige Füllung Zweiflächige Füllung Einflächige Füllung Mehr als dreiflächige Füllung Dreiflächige Füllung Zweiflächige Füllung Einflächige Füllung Abb. 1: Kumulative Inzidenzfunktion der Versagensraten von restaurativen Behandlungen an Milchmolaren mit entsprechenden 95-%-Konfidenzintervallen (schattiert) für geringfügiges, reparables beziehungsweise großes Versagen (Schmerzen, Extraktion) in der Gegenüberstellung Quelle: Modifiziert nach Pötter et al., 2024
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