44 | ZAHNMEDIZIN DMS • 6 IM DETAIL: TEIL 1 – KARIES Erfolgreiche Kariesprävention in allen Altersgruppen A. Rainer Jordan Kürzlich berichtete die zm über die Ergebnisse der Sechsten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS • 6), die Mitte März der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Ab dieser Ausgabe stellt der wissenschaftliche Direktor des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ), Prof. Dr. A. Rainer Jordan, einzelne Schwerpunkte der Studie vor. Dieses Mal: Karies. Lange Zeit wurde der Präventionserfolg in der Zahnmedizin in Deutschland mit dem Kariesrückgang bei den zwölfjährigen Kindern begründet. Zu Recht, denn zur Wendezeit war die Karieslast in dieser Altersgruppe hoch. Bereits wenige Jahre nach der Einführung der Gruppen- und Individualprophylaxe konnte die Karieslast um die Hälfte reduziert werden. Mittlerweile ist sie um 90 Prozent gesunken und fast 80 Prozent der Zwölfjährigen sind vollständig kariesfrei. Soweit die Erfolgsgeschichte – bisher. Karies-Definition Karieserfahrung ist der Begriff, der in der Epidemiologie die Gesamtheit der durch Karies oder Kariesfolgen (Füllungen oder andere Restaurationen, Zahnverluste) betroffenen Zähne eines Gebisses beschreibt. Sie wird gemessen anhand des DMF(T)-Index; D steht dabei für (decayed) kariöse Zähne (T = teeth), M für kariesbedingte Zahnverluste (missing) und F für kariesbedingte Restaurationen (filling). Der Begriff Karies wird hingegen lediglich verwendet, wenn unbehandelt-kariöse Zähne gemeint sind (D-Komponente des Index). Kariesfrei heißt in diesem Sinne DMFT = 0. Karieserfahrung bei jüngeren Kindern Jüngere Kinder im Alter von acht und neun Jahren befinden sich im frühen Wechselgebiss und weisen neben den verbliebenden Milchzähnen bereits Zähne der zweiten Dentition auf. Heute sind 60 Prozent der jüngeren Kinder in Deutschland kariesfrei. Das sind dreimal so viele wie noch zur Wendezeit. Weil es in epidemiologischen Studien schwierig ist, die Gründe für den Zahnverlust verlässlich zu erfassen und die Situation im Wechselgebiss noch einmal komplizierter ist, ist es üblich, während des Wechselgebisses die Karieserfahrung ohne fehlende Zähne anzugeben. Bei jüngeren Kindern beschreibt die Karieserfahrung also üblicherweise die Summe aus kariösen und restaurierten Zähnen. Durchschnittlich weisen jüngere Kinder in Deutschland gut einen Zahn (1,1 Zähne) mit einer Karieserfahrung auf, davon sind im Mittelwert 0,4 Zähne kariös. Der ganz überwiegende Anteil der erkrankten Zähne sind Milchzähne, lediglich 0,1 bleibende Zähne sind bereits betroffen. Karieserfahrung bei älteren Kindern Ältere Kinder im Alter von zwölf Jahren sind seit Einführung der Gruppen- und Individualprophylaxe Ende der 1980erJahre das Aushängeschild für erfolgreiche Kariesprävention in Deutschland. Betrachtet man die Ausgangswerte von damals, bleibt auch weiterhin beeindruckend, wie stark sich durch eine konsequente Präventionsorientierung chronische – und damit Lebensstilabhängige – Erkrankungen auf Bevölkerungsebene eindämmen lassen. Man kann hier guten Gewissens von einer sogenannten Morbiditätskompression sprechen, das heißt, dass wir es hierzulande geschafft haben, die Karies – die weltweit häufigste chronische Erkrankung überhaupt – aus einem Großteil (nämlich 78 Prozent) der Münder junger Menschen zu verbannen. Insgesamt ist bei den älteren Kindern eine Stabilisierung der Karieserfahrung auszumachen, denn die epidemiologischen Ergebnisse sind mit denen der DMS V vergleichbar: Etwa 80 Prozent sind kariesfrei und die mittlere Karieserfahrung liegt bei 0,5 Zähnen. Karieserfahrung bei jüngeren Erwachsenen Jüngere Erwachsene im Alter von 35 bis 44 Jahren sind erstmalig eine Kohorte in den DMS-Studien, die in ihrer Kindheit vollständig von der Gruppenund Individualprophylaxe profitieren konnten. Deren Ergebnisse wurden daher mit besonderer Spannung erwartet – und das Ergebnis kann sich sehen lassen! Sieben Prozent in dieser Altersgruppe sind mittlerweile kariesfrei – das ist eine Größenordnung, die wir bei Erwachsenen in Deutschland nie gesehen haben. Im Gegenteil: Lange Zeit konnte man sagen, dass in der Mitte des Lebens die Hälfte des Gebisses eine Karieserfahrung aufwies. Davon sind wir heute weit entfernt. Jüngere Erwachsene weisen im Durchschnitt noch gut acht Zähne mit einer Karieserfahrung auf. Die Karieserfahrung in dieser Altersgruppe hat sich seit der Wendezeit halbiert. zm115 Nr. 08, 16.04.2025, (646) Prof. Dr. med. dent. A. Rainer Jordan, MSc Wissenschaftlicher Direktor Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) Universitätsstr. 73, 50931 Köln Foto: IDZ
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