62 | PRAXIS INTERVIEW MIT QM-EXPERTIN ANDREA KNAUBER ZUR BEHÖRDLICHEN BEGEHUNG „Ziel ist, dass die Praxis safe ist!“ Keine Frage – eine Praxisbegehung zählt zu den Terminen, die ganz oben auf der Liste „Muss man nicht haben“ stehen. Aber es hilft ja nichts. Die QM-Expertin Andrea Knauber begleitet Praxen und deren Teams bei der Vorbereitung und erklärt die Dos und Dont's. Frau Knauber, wie gelingt es Ihnen, die Teilnehmenden im Seminar für das doch eher unbeliebte Thema Begehung zu begeistern? Andrea Knauber: Ich starte den Kurs direkt mit der Aussage: QM macht Spaß! Und schaue dann in ungläubige Gesichter. Alle wissen, Hygiene und Arbeitsschutz sind Pflicht und die Dokumentation muss lückenlos sein, denn die behördliche Begehung kommt ja in jedem Fall irgendwann vorbei. Also ist doch die entscheidende Frage, wie bereiten wir uns am besten darauf vor? Ich arbeite seit 2009 als Beraterin mit Praxen zusammen und habe schnell beschlossen, die Mitarbeiter nicht mit Paragrafen zu quälen – obwohl es davon einige gibt: Allein im Bereich der Hygiene werden über 30 Arbeitsanweisungen und Dokumentationen gefordert. Mir ist jedoch ein praxisnaher Ansatz sehr wichtig, egal, ob das Seminar online oder vor Ort stattfindet. Daher setze ich auf Bilder und kurze Videos, die zeigen, wie einzelne Arbeitsschritte richtig und sicher durchgeführt werden oder was dabei falsch gemacht werden kann. Ich bitte die Teilnehmer immer, sich auf die Bilder zu fokussieren und nicht auf den Text, und frage sie dann: Was fällt euch auf? Alle wichtigen Richtlinien und Gesetze verschicke ich zusätzlich im Anschluss der Schulung als Skript zum Nachlesen. Wir müssen die Paragrafen aber nicht auswendig lernen. Wichtig ist zu wissen, wo wir etwas nachlesen können, wenn wir Informationen benötigen. Ich motiviere auch dazu, Fragen zu stellen und in den Austausch zu gehen. Darüber hinaus gebe ich Tipps, die im Alltag schnell umsetzbar sind. Im Seminar gehen wir die gesamte Praxis einmal komplett gemeinsam durch. Dabei erlebt jeder in seinem Bereich den einen oder anderen Aha-Moment. Wie gelingt es dranzubleiben, wenn Sie wieder weg sind? Dafür empfehle ich, QM-Themen wirklich regelmäßig – aber nicht endlos lang – mit in die Team-Meetings zu nehmen. Am effektivsten spricht man in den ersten zehn Minuten über diese Dinge, dann sind alle noch fit und aufmerksam. Wichtig ist auch, alle mit ins Boot zu holen. Damit meine ich, dass jeder Bereich nach und nach durchgegangen wird und somit auch jeder seinen Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich prüfen kann. Das Ziel einer Teambesprechung sollte sein, verbindlich festzulegen, wer macht was, wann und wie. Das ist individuell und nachhaltig. Selbst wenn das Team viel zu tun hat und die Praxistage voll sind, muss klar sein, dass all das, was bei der Begehung kontrolliert wird, letztendlich Sicherheit und Arbeitsschutz ist. Diese Relevanz versuche ich zu vermitteln, damit die Teams dranbleiben. Wie ist der Kurs strukturiert? Es ist wie eine Reise durch den Prozess der Begehung, bei der wir vorne anfangen. Was passiert also, wenn sich die Behörde ankündigt? Welche Angaben zur Praxis sind zunächst einzureichen? Wie läuft die Kommunikation zu den Begehern ab? Was darf man rückfragen? Beispielsweise für den Termin. Fast immer werden Unterlagen angefordert. Welche sind das, beispielsweise das Bestandsverzeichnis und der Hygieneplan, und worauf ist zu achten? Wie füllt man sie aus? Dann gehen wir weiter: Wie muss eine Arbeitsanweisung aussehen? Welche brauchen wir? Was muss vorab für den Termin vorbereitet sein? Die Prüfer werden sich die gesamte Praxis anschauen bis auf die privaten Räumlichkeiten, inklusive Aufbereitungsraum und Wäscheabteilung. Wir gehen überall mögliche Fehlerquellen und Fallstricke durch, auch die Geräte und deren sicherheitstechnische Kontrollen. Als Nächstes besprechen wir, wie der Tag der Begehung aussieht, gehen den Ablauf im Einzelnen durch und wie sich jeder am besten vorstellt. Wir sprechen auch über Konsequenzen auf Fehler oder drohende Bußgelder, die nicht unerheblich sind. Das Ziel ist, dass die Praxis safe ist und alle eine Vorstellung davon bekommen, was zu tun ist. Das sollte ja tatsächlich auch dann so sein, wenn keine Begehung angekündigt ist. Wenn alle relevanten Bereiche immer auf einem guten Stand Andrea Knauber hat als ZMP gearbeitet und dann eine IHK-Weiterbildung zur Praxismanagerin absolviert. Inzwischen blickt sie auf über 30 Jahre Erfahrung im Bereich QM zurück und ist seit 2009 als Expertin und Referentin im Einsatz. zm115 Nr. 08, 16.04.2025, (664)
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