Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 9

zm115 Nr. 09, 01.05.2025, (744) 46 | TITEL ventionellen Füllungen und Kavitätenpräparationen setzen moderne Konzepte auf substanzschonende Techniken und adhäsive Füllungsmaterialien. Diese Techniken ermöglichen eine gezielte Behandlung bei maximaler Zahnerhaltung. Ein Beispiel ist die präventive Kompositfüllung (auch erweiterte Fissurenversiegelung genannt). Bei dieser Methode wird eine minimalinvasive, adhäsive Füllung mit einer anschließenden Fissurenversiegelung kombiniert, um die Stabilität zu erhöhen und Karies vorzubeugen. Sie eignet sich eher für bleibende Zähne und kleine okklusale Defekte bei Milchzähnen. Neben den konventionellen minimalinvasiven Füllungstherapien gibt es evidenzbasierte Alternativmethoden (Tabelle 2), die besonders für Kinder mit geringer Kooperationsbereitschaft geeignet sind, da sie in der Regel mit minimaler Präparation und Kariesentfernung auskommen. Zu den wichtigen alternativen Methoden in der Kinderzahnheilkunde gehört die Atraumatische Restaurative Therapie (ART, Abbildung 6) [Araujo et al., 2017]. Diese minimalinvasive Methode dient der Behandlung kariöser Dentinläsionen und wird ohne rotierende Instrumente durchgeführt. Stattdessen werden Handinstrumente verwendet, häufig in Kombination mit hochviskösen Glasionomerzementen (HVGIZ). Ein wesentlicher Vorteil der ART besteht darin, dass keine unnötige Zahnsubstanz entfernt und die Pulpa nicht/ kaum irritiert wird. Das Risiko von Beschwerden wird entsprechend minimiert. Die ART ist sowohl für Milchzähne als auch für bleibende Zähne geeignet, insbesondere bei einflächigen kariösen Läsionen. Eine weitere wichtige Alternativmethode ist die Hall-Technik [Santamaria and Innes, 2018; Midani et al., 2019; Santamaría et al., 2020], die im Rahmen neuer biologischer Konzepte bereits vor einigen Jahrzehnten von Dr. Norna Hall in Schottland entwickelt wurde. Im Gegensatz zur konventionellen Stahlkronenversorgung wird bei dieser Technik auf Lokalanästhesie, Präparation und Kariesentfernung vollständig verzichtet. Stattdessen wird eine vorgefertigte Stahlkrone direkt auf den kariösen, pulpal asymptomatischen Milchmolaren zementiert (Abbildung 7). Die Hall-Technik hat in vielen klinischen Studien gezeigt, dass die klassische „Kariesentfernung“ nicht nötig ist, wenn die Restauration bakteriendicht und stabil platziert werden kann. Darüber hinaus gibt es SMARTTechniken (Silver Modified Atraumatic Restorative Technique), die die Anwendung von SDF mit minimalinvasiven restaurativen Verfahren wie der ART oder der Hall-Technik kombinieren. Bei der SMART-Technik wird nach der Kariesarretierung mit SDF entweder eine hochviskose Glasionomerzementfüllung (SMART) oder eine vorgefertigte Stahlkrone (SMART-Hall, Abbildungen 5b und 5c) eingesetzt. Diese Kombination verbessert die Prognose des Zahnes, vermeidet mögliche Frakturen und Platzverluste und trägt ästhetisch-funktionellen Ansprüchen besser Rechnung. Minimalinvasive Behandlungsmethoden wie die ART, die Hall-Technik (HT) und die SMART-Technik stellen kindgerechte, nicht-invasive, evidenzbasierte und erfolgreiche Alternativen dar. Obwohl minimalinvasive Verfahren zunehmend bevorzugt werden, bleiben konventionelle restaurative Techniken wie Stahl- und Stripkronen bei stark zerstörten Milchzähnen unverzichtbar. Sie stellen insbesondere bei ausgedehnten kariösen Defekten eine bewährte und dauerhafte Versorgung dar [Pötter et al., 2024]. Die Wahl der geeigneten Therapie und das Maß der Kariesentfernung muss immer individuell erfolgen, unter Berücksichtigung des Kariesausmaßes, des Behandlungssettings (chairside, Sedierung oder in Narkose), der Kooperationsfähigkeit des Kindes und der Langzeitprognose. Trotz der zunehmenden Bedeutung minimalinvasiver Techniken bleiben etablierte restaurative Therapien weiterhin relevant und erfolgreich. Zu den bewährten Standardverfahren zählen insbesondere Stahlkronen mit konventioneller Präparation und Kariesentfernung. Sie stellen nach wie vor eine stabile Lösung bei stark kariösen Milchmolaren und bleibenden Molaren im Wechselgebiss (zum Beispiel MIH-Zähne) dar. Stahlkronen sind besonders geeignet bei großen kariösen Defekten, nach endodontischer Abb. 6: Die vorgestellten Techniken wie ART und SDF zur Kariesbehandlung bei Kleinkindern sind schon seit Jahren in einem online kostenfrei verfügbaren PDF der WHO „Ending childhood dental caries: WHO implementation manual“ dargestellt und empfohlen (Link: https://www.who.int/publications/i/ item/9789240000056). Foto:WHO Abb. 7: Bei der Hall-Technik wird eine Stahlkrone ohne Kariesentfernung oder Präparation bei einem pulpal asymptomatischen Milchmolaren zementiert, was ausgesprochen erfolgreich ist. Foto: Ruth Santamaria

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