TITEL | 53 variieren. Die hierzulande gängige Beschreibung definiert die non-selektive Kariesentfernung als Entfernung von erweichtem und festem kariös verändertem Dentin sowohl in peripheren als auch in zentralen beziehungsweise pulpanahen Bereichen der Kavität (Abbildung 1). Als Endpunkt gilt dabei „hartes Dentin“ [Widbiller et al., 2022; Schwendicke/Göstemeyer, 2016]. Im Unterschied dazu verbleibt bei der selektiven Kariesentfernung pulpanah festes (mit Handexkavator schneidbares) oder weiches Dentin (Abbildungen 1B distal und Abb. 3 schwarzer Pfeil). Peripher wird das Dentin bis zur Sondenhärte entfernt (Abbildung 3, weißer Pfeil), bevor die Kavität anschließend direkt mit einer definitiven adhäsiven Restauration versorgt wird (Abbildung 4) [Widbiller et al., 2022]. Wie viel kariöses Dentin tatsächlich belassen wird, variiert mitunter erheblich. So empfiehlt beispielsweise die brasilianische Arbeitsgruppe um Marissa Maltz, deutlich erweichtes Dentin nicht nur pulpanah zu belassen und nur in den peripheren Kavitätenbereichen bis in feste Zahnhartsubstanz zu präparieren, da sie in mehreren klinischen Studien zeigen konnten, dass derartig versorgte Kariesläsionen unter den Restaurationen keine Progression aufwiesen [Carvalho, 2023; Maltz/Alves, 2013]. Eine weitere Behandlungsoption bei sehr tiefen Läsionen stellt die schrittweise Kariesentfernung in zwei Sitzungen dar, die bereits 1938 beschrieben wurde [Bodecker, 1938]. Hier wird die Kavität nach selektiver Kariesentfernung zunächst provisorisch, aber dennoch dicht restauriert und nach sechs bis zwölf Monaten wiedereröffnet. Erst dann wird bis zum Endpunkt „hartes Dentin“ exkaviert und die Kavität anschließend definitiv restauriert. zm115 Nr. 09, 01.05.2025, (751) Abbildung 4: Behandlungsablauf der in Abbildung 1 dargestellten klinischen Situation (A): Nach Entfernung der Kompositrestauration (B und C) erfolgte die Kariesentfernung im distalen Anteil der Kavität selektiv (D) aufgrund der Pulpanähe. Mesial ist die Läsion auf das mittlere Dentindrittel beschränkt (s. a. Abbildung 1, weißer Pfeil), so dass dort kariöse Zahnhartsubstanz non-selektiv mit den Endpunkten hartes Dentin und gesunder Schmelz entfernt wurde. Die Restauration erfolgte nach Anlage von Teilmatrizen (in zwei Schritten) unter Anwendung der selektiven Schmelzätzung und eines Universaladhäsivs (E) mit Nanohybrid-Komposit (F). A C E D F B Fotos: Rainer Haak, Jana Schmidt Abbildung 3: Selektive Kariesentfernung unter Belassung von erweichtem Dentin (schwarzer Pfeil) in Pulpanähe, non-selektive Kariesentfernung bis ins harte Dentin und in den gesunden Schmelz in der Peripherie der Kavität (weißer Pfeil). Fotos: Rainer Haak, Jana Schmidt
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