Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 9

66 | PRAXIS INTERVIEW MIT DR. STEFFEN WALTER ZUR MODERNEN GESCHÄFTSKORRESPONDENZ „Schreiben Sie auf Augenhöhe und respektvoll“ Früher wie heute gilt: Die Geschäftskorrespondenz ist die Visitenkarte eines Unternehmens. Sie hinterlässt einen bleibenden Eindruck beim Empfänger. Warum auch Zahnarztpraxen sich im Hinblick auf ihren Schriftverkehr auf den aktuellen Stand bringen sollten, erklärt Dr. Steffen Walter. Er ist seit über 30 Jahren Korrespondenztrainer und -berater. Herr Dr. Walter, welchen Eindruck kann der Schriftverkehr beim Empfänger hinterlassen? Dr. Steffen Walter: Insgesamt hat sich der Stil von schriftlicher Korrespondenz im Arbeitsbereich in den letzten Jahren ziemlich gewandelt. Er ist an einigen Stellen bei Weitem nicht mehr so steif und förmlich. Es kommt aber auch darauf an, was die Rezipienten daraus entnehmen. Das Gelesene kann zwischen „Das ist nett geschrieben.“ und „Das ist ja eine Frechheit.“ oder „Das kann ich gut nachvollziehen.“ oder „Das verstehe ich nicht.“ und auch „Das ist aber gutes Deutsch.“ oder „Die schreiben aber altmodisch.“ aufgefasst werden. Was gehört dabei auf den Prüfstand? Zahnarztpraxen korrespondieren mit Patientinnen und Patienten. Das geschieht zunehmend per E-Mail. Dabei geht es um eine positive Ausstrahlung und Transparenz. Die Patienten wollen sich in einer modernen Praxis wohlfühlen – auch sprachlich, und die fachlichen Inhalte nachvollziehen können. Des Weiteren korrespondieren Zahnarztpraxen mit Abrechnungsstellen, Krankenkassen und Fachgremien. Dabei geht es vor allem darum, fachlichkorrekt und überzeugend zu formulieren. Dazu benötigt man eine präzise und verbindlich, aber mitunter auch eine diplomatische Sprache. Was macht eine erfolgreiche Geschäftskorrespondenz aus? In meinen Seminaren ist es wichtig, die Teilnehmenden für sprachliche Stolperstellen zu sensibilisieren und ihnen Alternativen anzubieten. Zunächst definieren wir, was zeitgemäße Korrespondenz bedeutet. Mein Grundsatz lautet dabei: Schreiben Sie auf Augenhöhe und respektvoll. Daraus leiten sich zwei Dinge ab. Erstens: Schreiben Sie nicht untertänig, wie das in der alten Geschäftskorrespondenz üblich war. Ein Beispiel: Stehen Sie am Schluss für Fragen (jederzeit) zur Verfügung? Besser: „Bei Fragen zum Behandlungsplan sprechen Sie mich an. Ich erläutere Ihnen gern die Einzelheiten." Zweitens: Schreiben Sie nicht von oben herab in einem schulmeisterlichen Ton: Ein Beispiel: „Zu Ihrer Kenntnisnahme“, denn das heißt: „Nehmen Sie das zur Kenntnis!“ und das ist Befehlssprache. Schreiben Sie besser „Zu Ihrer Kenntnis“ oder „Zu Ihrer Information“. An dieser Stelle kommt oft der Einwand, ob denn die Empfänger die Wörter so genau lesen würden. Gegebenenfalls tun sie das nicht. Aber der Gesamteindruck ist vorhanden. Ist etwas nett und freundlich geschrieben oder altbacken? Dieser Eindruck entsteht im Unterbewusstsein, aber er basiert letztendlich auf den verwendeten Wörtern. Welche Hürden gibt es, um die Geschäftskorrespondenz auf die Höhe der Zeit zu bringen? Der Mensch ist ein „Gewohnheitstier“. Man hat bestimmte Formulierungen und Schreibweisen gelernt und von Vorgängern übernommen. Ich höre oft: „Das haben wir schon immer so geschrieben.“ Zum Beispiel: „Bitte überweisen Sie den Betrag in Höhe von 250,- EUR“ Hat nicht jeder Betrag eine Höhe? Warum muss das explizit noch einmal formuliert werden? Seit dem Jahre 2000 gibt es laut der Norm DIN 5008 („Schreib- und Gestaltungsregeln für die Text- und Informationsverarbeitung“) nach dem Komma keinen Strich mehr. Moderne Schreibweise: „Überweisen Sie bitte den Betrag von 200,00 EUR.“ Welche psychologischen Aspekte sollten bei der Geschäftskorrespondenz beachtet werden? Das ist eine ganz wichtige Frage. Es gilt, sprachliche Fettnäpfchen zu vermeiden. Ein Beispiel: „Vielen Dank für Ihr Verständnis.“ Ich lese diese Formulierungen bei negativen Botschaften zm115 Nr. 09, 01.05.2025, (764) Dr. Steffen Walter ist seit 1993 selbstständiger Trainer mit dem Schwerpunkt schriftliche Kommunikation, gibt Seminare, Workshops und Coachings. In dem Ratgeber „E-Mail-Korrespondenz – juristisch und sprachlich korrekt“ erklärt er die Verbindung von sprachlicher Theorie und praxisorientierter Anwendung. Foto: privat

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