Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 9

78 | GESELLSCHAFT EINSATZ FÜR DEN FÖRDERVEREIN CLINICA SANTA MARIA IN BOLIVIEN Mehr als nur ein kurzer Impuls Haoran Li Die kleine Zahnarztpraxis in Huancarani inmitten der Anden ist inzwischen so ausgestattet, dass wir dort als Zahnmediziner gemeinsam mit Zahntechnikern und weiteren Helfern nahezu auf deutschem Niveau arbeiten können. Damit ist erstmals eine nachhaltige Versorgung möglich. An einem trüben Abend vor einigen Jahren saß ich in Halle (Saale) an der Vorbereitung für einen konservierenden Behandlungskurs. Während draußen der Regen gegen die Scheiben prasselte, wuchs in mir das Verlangen nach einem Perspektivwechsel. Ich wollte raus aus dem Unialltag, raus aus dem Hörsaal – etwas Neues, Sinnstiftendes erleben. Inzwischen machte ich mich Ende 2024 zum dritten Mal auf den Weg nach Bolivien für einen Einsatz beim Förderverein Clinica Santa Maria (FCSM). Inspiriert hatten mich die Famulaturberichte meiner Kommilitonen über das zahnmedizinische Projekt in dem indigenen Land, das soziales Engagement auf hohem fachlichem Niveau mit kultureller Erfahrung verbindet. Das reizte mich! Das „Consultorio Dental“ in Huancarani hat sich als professionelle zahnmedizinische Einrichtung unter besonderen Bedingungen etabliert. Mit zwei modernen Behandlungszimmern, Röntgengerät, Autoklaven, ReziprokGold-System, Ultraschall-Scaler und vollständig vorhandener Ausstattung für Füllungstherapie, Endodontie, Prothetik und Prophylaxe ist die Praxis fast auf deutschem Niveau ausgestattet. Ein Alleinstellungsmerkmal des Projekts ist das fest integrierte zahntechnische Labor. Dies ermöglicht es den Volontärinnen und Volontären, in Zusammenarbeit mit erfahrenen Zahntechnikerinnen und -technikern direkt vor Ort Totalprothesen, Interimsprothesen sowie Klammerprothesen aus Kunststoff anzufertigen. Die unmittelbare Verbindung zwischen Behandlungsraum und zahntechnischer Umsetzung verleiht der zahnärztlichen Versorgung vor Ort eine bemerkenswerte Effizienzund Qualität, staunte ich jedes Mal neu. Das Consultorio ist dank der durchgehend wechselnden zahnmedizinischen Fachkräfte das gesamte Jahr über besetzt. So ist die Versorgung vor Ort nicht nur punktuell, sondern kann tatsächlich kontinuierlich stattfinden, was uns sehr freut. Die Hilfe ist also kein kurzfristiger Impuls, sondern als nachhaltiges Gesundheitsprojekt mit klarer Struktur angelegt und gewachsen. Dieses Mal war ich mit meiner Kollegin Dr. Carla Schliephake, einer frisch approbierten Oralchirurgin, und der erfahrenen ZFA Nicole Strietzel aus der Frankfurter Universitätszahnklinik unterwegs. In der ersten Woche unterstützten uns zwei versierte Zahntechniker. Ihr handwerkliches Können und die Erfahrung für die prothetische Versorgung waren für uns sehr wertvoll. Kaum Aufklärung, dafür viel Zucker Unser Arbeitsalltag begann früh: Bereits lange vor Öffnung der Praxis versammelten sich die ersten Patientinnen und Patienten vor dem Tor. Zwischen 15 und 33 Personen suchten uns täglich auf. Die Behandlungen umfassten das gesamte Spektrum der konservierenden Zahnheilkunde, einschließlich endodontischer Maßnahmen sowie parodontaler Basistherapien, und wurden ergänzt durch prothetische Versorgungen. Trotz unserer chirurgischen Qualifikation lag der Fokus klar auf dem Erhalt der Zähne, wo immer dies möglich war. Behandlung im „Consultorio Dental“: Ausnahmsweise vom Bruder der Patientin assistiert Foto: FCSM_Li zm115 Nr. 09, 01.05.2025, (776) med. dent. Haoran Li, M.Sc. Zahnarzt und Oralchirurg Foto: Haoran Li

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