POLITIK | 17 zm115 Nr. 10, 16.05.2025, (811) Früher sind Vertreter des Verbands zum Teil sehr kämpferisch aufgetreten und haben keine Konfrontation gescheut. Haben sich die Haltung und das Auftreten seitdem verändert? Inzwischen gibt es eine größer werdende Zahl von Mitgliedern, die im Angestelltenverhältnis für die Freiberuflichkeit nicht so vehement eintreten, wie es viele Praxisinhaber tun. Zusätzlich trifft das Problem der Demografie auch die Zahnarztpraxen. Der Verband ist daher pragmatischrealistisch geworden. Wir schauen, wie wir die Patientenversorgung auch in Zukunft mit hauptsächlich niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen möglichst überall aufrechterhalten können. Mit ausschließlich kämpferischem Auftreten können wir heute keinen Blumentopf mehr gewinnen. Politische Drohgebärden und Kampfansagen sind nicht mehr zeitgemäß und schrecken eher ab. Wie haben sich die Rahmenbedingungen und damit die Anforderungen an die Zahnärzte verändert? Die Infrastruktur auf dem Land fehlt, zum Beispiel die Kinderbetreuung, Schulen, der Ausbau digitaler Infrastruktur, Apotheken, Einkaufsmöglichkeiten oder Arztpraxen und auch kulturelle Veranstaltungen. Dadurch ist es für Zahnärzte nicht attraktiv genug, sich in ländlichen Regionen niederzulassen. Häufig fehlen auch die Arbeitsmöglichkeiten für den Partner oder die Partnerin. Der Staat sollte für eine bessere Infrastruktur auf dem Land sorgen, wir können ihm nicht alles abnehmen. Ein weiteres großes Problem ist der Personalmangel: Für die Praxisinhaber ist es schwer, qualifiziertes Personal zu finden. Sie leiden außerdem unter der überbordenden Bürokratie, dem Honorarstillstand seit 37 Jahren und geringen Freiheitsgraden in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Was erwarten Sie von der neuen Bundesregierung? Wir erwarten, dass sie den Punktwert in der GOZ endlich an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung anpasst, damit die Patienten nicht vom medizinischen Fortschritt abgehängt werden. Die neue Bundesregierung sollte keine weiteren Leistungen in den Katalog der GKV aufnehmen und alle Budgets abschaffen. Überdenken sollte eine neue Bundesregierung vor allem auch die im Koalitionsvertrag angekündigte Sanktionierungspolitik hinsichtlich der elektronischen Patientenakte – diese halten wir in keiner Hinsicht für hilfreich. Wir fordern, dass es weiterhin keine Zulassungsbeschränkungen gibt und dass für gesetzlich und privat Versicherte Therapiefreiheit gilt. Besonders wichtig ist der Abbau von Bürokratie. Mein größter Wunsch ist es, dass das im Koalitionsvertrag angekündigte Bürokratieentlastungsgesetz endlich Realität wird. Ich halte es durchaus für möglich, dass das passiert. Welche Pläne haben Sie für die Zukunft des Verbands? Wir arbeiten daran, dass wir auch künftig ein starker Verband mit starker Stimme sind. Heute haben wir einen pragmatischen Stil. Ich möchte niemandem ein Wolkenkuckucksheim versprechen. Meine Vision ist, dass wir die Versorgung aufrechterhalten – aber mit verbesserten Rahmenbedingungen. Das Gespräch führte Anne Orth. 70 JAHRE FVDZ – WICHTIGE MEILENSTEINE n 1955: Dr. Wolfgang Mzyk gründet die Notgemeinschaft deutscher Zahnärzte in Bingen am Rhein. Daraus geht der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) hervor. n 1957: Der Verband erhält seinen heutigen Namen. n 1988: Das Prophylaxe-Programm, das der FVDZ entwickelt hat, wird in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgenommen. n 1990: Nach der Wende kooperiert der FVDZ mit dem Unabhängigen Deutschen Zahnärzteverband (UDZ). Beide Verbände schließen sich im FVDZ zusammen. n 2005: Das FVDZ-Konzept zu Vertrags- und Wahlleistungen wird politisch umgesetzt. Seitdem gibt es für Prothetik Festzuschüsse in der GKV und mehr Möglichkeiten zur freien Vertragsgestaltung. n 2007: Nach den Einschränkungen im Gesundheitsstrukturgesetz von 1993 fallen 2007 die Zulassungssperren: Zahnärzte dürfen ihren Praxisstandort wieder frei wählen. n 2008: Der Verband setzt die Aufhebung der Altersgrenze für Zahnärzte mit Kassenzulassung durch. Seitdem dürfen Zahnärzte auch nach ihrem 68. Geburtstag weiter behandeln. Der FVDZ 2014 mit Gründungsvater Dr. Wolfgang Mzyk Foto: FVDZ
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