48 | ZAHNMEDIZIN FORTBILDUNG KARIESEXKAVATION Therapie der Wurzelkaries Carolina Ganß, Katja Jung, Benedikt Luka, Nadine Schlüter Viele ältere Patientinnen und Patienten erleben, dass Karies plötzlich wieder ein Problem für sie darstellt – und zwar im Bereich exponierter Wurzeloberflächen. Nach der Diagnose steht dann oftmals die Notwendigkeit mehr oder weniger umfangreicher restaurativer Versorgungen oder gar Extraktionen im Raum. Inzwischen gibt es eine große Spannweite von Therapieoptionen, die auch bei größeren Läsionen nicht-invasive Verfahren wie die Behandlung mit Silberdiamminfluorid beinhalten. Voraussetzung für Wurzelkaries ist – wie der Begriff bereits andeutet – die Exposition von Wurzeloberflächen gegenüber einem kariogenen Milieu. Wegbereiter dazu sind Parodontalerkrankungen, die mit Attachmentverlusten einhergehen. Daten der aktuellen Mundgesundheitsstudie (DMS • 6) zeigen, dass etwa ein Viertel der 35- bis 44-Jährigen und zwei Drittel der 65- bis 74-Jährigen Attachmentverluste von 5 mm und mehr aufweisen [Eickholz et al., 2025]. Attachmentverlust ist mit der Vergrößerung der klinischen Interdentalräume verbunden, was zu vermehrter Retention von (kariogenen) Speiseresten führt und die Plaqueentfernung wie auch die Diagnostik erschwert. Gleichzeitig nimmt mit dem Anstieg der Parodontitisprävalenz der Pro-Kopf-Verbrauch von Medikamenten deutlich zu, darunter auch von solchen, die die Speichelsekretion und damit viele wichtige Schutzfunktionen in der Mundhöhle beeinflussen können [AOK, 2023]. Die Gruppe der alternden und alten Menschen ist jedoch eher heterogen, so dass das Alter in Jahren nicht mit Bedürftigkeit in Verbindung steht. So leben viele Menschen bis ins hohe Alter gesund und selbstständig, während andere bereits in früheren Phasen des Alterns erkranken und Unterstützung benötigen. Das alles bedeutet, dass die Therapieentscheidung bei Wurzelkaries von vielen Faktoren beeinflusst wird und komplexer Überlegungen bedarf. Das betrifft in erster Linie die Präventionsmaßnahmen, die sich im Falle von Wurzelkaries deutlich von Maßnahmen in jüngerem Alter unterscheiden. Wesentlich ist dabei die im Vergleich zu Schmelz deutlich höhere Kariesanfälligkeit der Wurzeloberfläche bei gleichzeitig geringerer Effektivität von Fluoridierungsmaßnahmen. Daher erlangen Mundhygieneberatung und -training sowie Ernährungsfragen einen deutlich höheren Stellenwert – zu individualisierten begleitenden Präventionsmaßnahmen haben die Autoren bereits in der zm publiziert [Ganß et al., 2023]. Im Folgenden soll der Schwerpunkt jedoch auf der Frage liegen, ob und wenn ja in welcher Form Therapiemaßnahmen bei bestehenden Läsionen der Wurzeloberfläche durchgeführt werden können. Was unterscheidet koronale Karies von Wurzelkaries? Bei der koronalen Karies stehen in den Anfangsstadien nicht-invasive Verfahren im Vordergrund, invasive Maßnahmen sind erst dann indiziert, wenn die Läsion das Dentin erreicht hat. In diesem Stadium ist die Progression der Läsion wahrscheinlich [Mejare et al., 2004], da die Häufigkeit von Kavitationen des approximalen Schmelzes und damit das Ausmaß der bakteriellen Besiedelung des Dentins mit der Läsionsausbreitung zunimmt [Ratledge et al., 2001]. Solche Läsionen lassen sich mit nicht-invasiven Maßnahmen nur bedingt beeinflussen und sollten daher in zm115 Nr. 10, 16.05.2025, (842) SDF kann in komplexen Situationen Wurzelkaries wirksam arretieren: Zahn 38 bukkal nach SDF-Anwendung. Foto: Carolina Ganß
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