ZAHNMEDIZIN | 55 Zahnstrukturen induzieren oder aber die auch ohne Licht eintretenden Reaktionen einfach beschleunigen könnte. Es wird vermutet, dass beispielsweise metallische Silbernanopartikel entstehen könnten [Li et al., 2019]. Abbildung 3 zeigt bräunliche Verfärbungen der Schleimhaut nach Lichteinwirkung. Allerdings ist unklar, welchen Effekt die zusätzliche Lichtexposition auf die Kariesprogression hat. Zumindest bei Kindern scheint der Anteil arretierter Läsionen in Milchzähnen nach halbjährlicher Anwendung von SDF (hier 10 s) durch Lichtexposition (hier 20 s) nicht verbessert zu werden [Min et al., 2025]. SDF scheint keine negativen Auswirkungen auf den adhäsiven Verbund zu haben [Fröhlich et al., 2022], sollte es in Kombination mit einer Füllungstherapie angewendet werden. Es konnte sogar gezeigt werden, dass die Haftwerte nach Alterung über zwei Jahre im Vergleich zu Haftwerten an unbehandeltem Dentin deutlich höher waren [Muniz et al., 2024]. Allerdings ist unklar, ob dies auf alle gängigen Adhäsivsysteme zutrifft. Welche Einflussfaktoren den Behandlungserfolg optimieren können, ist gegenwärtig noch nicht hinlänglich untersucht. Das betrifft beispielsweise Faktoren wie Feuchtigkeitsbedingungen (Trockenlegung, Applikation auf trockene oder feuchte Zahnoberflächen, Lufttrocknung nach Applikation), Einwirkzeit, unterstützende Lichtapplikation (Dauer, Intensität) sowie Applikationsfrequenz oder Recallintervalle. Daher sollten Patienten nach SDF-Behandlung von Wurzelkaries engmaschig begleitet werden. SDF in der EU nur als „OffLabel-Use“ Es muss jedoch festgehalten werden, dass SDF in der Europäischen Union nur zur Behandlung überempfindlicher Zähne zugelassen ist, die Anwendung zur Prävention und Arretierung von (Wurzel-)Karies ist daher ein „OffLabel-Use“. Da inzwischen Studien zum Nutzen von SDF zur Arretierung von Karies vorliegen, ist die Anwendung außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs zu rechtfertigen. Dennoch ist besondere Sorgfalt bei der Aufklärung erforderlich. Dazu sollten alle Behandlungsalternativen aufgezeigt und Nebenwirkungen von SDF ebenso wie dessen Off-Label-Use besprochen werden. Nebenwirkungen bestehen in lokalen Reizungen und temporären bräunlichen Verfärbungen der Gingiva und der Schleimhäute nach direktem Kontakt mit der SDF-Lösung, welche jedoch nach kurzer Zeit verschwinden. Personen mit Allergien gegenüber den Bestandteilen von SDF und gegenüber Silberverbindungen sollten kein SDF erhalten. Eine gravierende Nebenwirkung ist die dunkle Verfärbung der kariösen Läsion, was jedoch gleichzeitig der Indikator für die eingetretene Wirkung von SDF ist. Insgesamt kann die Behandlung jedoch als sicher eingestuft werden (siehe beispielsweise https://www.ada.org/resources/adalibrary/oral-health-topics/silver-diamine-fluoride). Fazit Die Entscheidung, wie Patientinnen und Patienten mit aktiver Wurzelkaries am besten versorgt werden können, erfordert die Integration einer Vielzahl von Aspekten. Dabei bestimmen patientenbezogene Behandlungsbedingungen die Therapieoptionen ebenso wie läsionsbezogene. Die wissenschaftliche Evidenz zu Indikation und Modalitäten sowie zu den Erfolgsraten invasiver Verfahren ist jedoch gering. Silberdiamminfluorid stellt in vielen Fällen eine nicht-invasive Therapieoption dar, die die klinischen Herausforderungen invasiver Therapien lösen kann. n zm115 Nr. 10, 16.05.2025, (849) Abb. 4: Durch die Anwendung einer 5.000 ppm-Fluoridzahnpasta arretierte kariöse Läsionen im Bereich der Kronenränder 12 und 11 (a), welche jedoch bei zunehmender demenzieller Erkrankung und verschlechterter Mundhygiene in ein aktives Stadium übergingen. (b): Zustand nach Zahnreinigung und Applikation von SDF. (c): Situation nach zwei weiteren SDF-Applikationen, es fanden sich deutliche Plaqueanlagerungen im Bereich der Läsionen, die sich nach Zahnreinigung (d) jedoch sondenhart darstellten (Erstabdruck Quintessenz 2025;3: 267-273). Fotos: Carolina Ganß a c d b CME AUF ZM-ONLINE Therapie der Wurzelkaries Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK.
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