Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 10

62 | GESELLSCHAFT INTERVIEW MIT DEM MKG-CHIRURGEN DR. MARCIN BIERC „Ich kann die Welt eines einzelnen Menschen verändern!" Der Stuttgarter Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg Dr. Marcin Bierc ist gerade von seinem zwölften ehrenamtlichen Einsatz auf einem der Hospitalschiffe von Mercy Ships aus Madagaskar zurückgekehrt. Hier berichtet er, was seine hohe ethische Motivation prägt und welcher außergewöhnliche Fall ihn nicht loslässt. Sie sind schon viele Jahre im Einsatz für Mercy Ships. Wie sind Sie dazu gekommen? Dr. Marcin Bierc: Ich bin gerne in Bewegung und entdecke Neues. Diese Einsätze sind etwas ganz Besonderes – sie verbinden spannende Momente, harte Arbeit, aber auch Freude. Das medizinische Ehrenamt ist für mich wirklich eine Leidenschaft und fester Bestandteil meiner ärztlichen Tätigkeit. Seit 2014 bin ich regelmäßig für humanitäre Einsätze mit der Organisation unterwegs. Wenn ich auf diese elf Jahre zurückblicke, sehe ich, welchen enormen Einfluss das auf mich hatte – sowohl beruflich als auch persönlich. Mercy Ships ist nicht nur ein Ort der Arbeit, es ist darüber hinaus eine Gemeinschaft von Menschen aus der ganzen Welt, vereint durch ein gemeinsames Ziel, in der man sowohl viel geben als auch viel bekommen kann. Die Geschichten und Veränderungen, die durch unsere Arbeit möglich werden, haben meine Sicht auf die Medizin, den Sinn ärztlicher Arbeit und das Wesen der Menschlichkeit zentral geprägt. Im Laufe der Jahre habe ich viele Patienten kennengelernt – oft junge Menschen, die durch entstellende Erkrankungen stigmatisiert, aus der Gesellschaft ausgeschlossen und teils sogar von ihren Familien verstoßen wurden. Angesichts solcher Schicksale fällt es mir schwer, die Ungerechtigkeit der Welt einfach hinzunehmen. Deshalb kehre ich immer wieder zurück. Ich kann nicht die ganze Welt verändern. Aber ich kann die Welt eines einzelnen Menschen verändern. Und das genügt. In kurzer Zeit werden sehr viele Eingriffe durchgeführt. Wie bereiten Sie und das Team sich darauf vor? Zu Beginn jeder Mission erfolgt eine umfassende Patientenselektion und OP-Planung durch das jeweilige Team. In einem zweiwöchigen Zyklus operieren wir rund 30 Patienten – abhängig von der Komplexität der Eingriffe. Jeder erhält eine umfassende medizinische Versorgung, einschließlich der Behandlung möglicher Komplikationen – dank des rotierenden Systems und der durchgehenden Präsenz von chirurgischen Teams. Alle internationalen Mitarbeitenden leben und arbeiten an Bord. Einheimische Mitarbeitende, die sogenannte Daily Crew, unterstützt den täglichen Betrieb. Im Bereich der MKG-Chirurgie arbeiten wir in der Regel in Zweier-Teams: Zwei erfahrene Kollegen oder ein erfahrener Chirurg betreuen eine weniger erfahrene Kollegin oder einen Kollegen – oft jemanden, der zum ersten Mal an Bord ist. Der Rotationszyklus dauert ungefähr zwei Wochen, kann aber je nach Bedarf variieren. Wir arbeiten in internationalen Teams, kommunizieren auf Englisch und werden im Patientenkontakt von lokalen Dolmetschern unterstützt. Viele unserer Kollegen bringen langjährige Erfahrung aus humanitären Einsätzen mit, was die Zusammenarbeit mit ihnen fachlich wie menschlich sehr bereichernd macht. Und wie bereiten Sie sich persönlich auf die Zeit an Bord vor? Dr. Marcin Bierc stammt aus Polen und lebt seit vielen Jahren in Stuttgart, wo er lange als Oberarzt am Katharinenhospital tätig war. Foto: Mercy Ships zm115 Nr. 10, 16.05.2025, (856)

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