GESELLSCHAFT | 77 Behandlungsspektrum etwas eingeschränkt war. Insgesamt lehrte mich das Arbeiten vor Ort allerdings wirklich Flexibilität sowie adaptives und lösungsorientiertes Behandeln mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln. Durch die Materialspenden ist die Klinik zwar recht gut ausgestattet. Allerdings sind keine prothetischen Maßnahmen möglich. Fehlende Zähne können demnach nicht einfach ersetzt werden. Einer meiner spannendsten Eingriffe galt der Versorgung der Lücke im Bereich eines stark gelockerten Zahns 11, der aufgrund seiner parodontalen Schädigung gezogen werden musste. Eine prothetische Versorgung mittels Interimsprothese war nicht möglich, da mir die zahntechnischen Instrumente fehlten und die Patientin auch keine großen finanziellen Mittel zur Verfügung hatte. Da es sich um die ästhetische Zone handelte, musste jedoch eine direkte Versorgung Abhilfe leisten. Nach seiner Entfernung kürzte ich Zahn 11 ein und befestigte ihn am Zahn 21 adhäsiv im Sinne einer Klebebrücke. Die Patientin war unendlich dankbar für diese Lösung. Eine weitere spannende und lehrreiche Erfahrung war die „Mission“. Sie wird häufig von kirchlichen Einrichtungen organisiert, um den ortsansässigen Patienten eine kostenfreie Versorgung zu ermöglichen. Dafür fuhren wir ausgestattet mit einer minimalen Ausrüstung zu dem Ort, der eine halbe Autostunde entfernt lag. Behandelt wurde in einem Gemeindehaus und die Patienten nahmen auf gestapelten Plastikstühlen Platz. Stirnlampen oder Handytaschenlampen sorgten für eine ausreichende Beleuchtung des Operationsfeldes. Absauggeräte oder Speibecken gab es nicht. Einige kleine, mit Erde gefüllte „SpuckEimer“ mussten Abhilfe leisten. Nach diesem Tag wurde mir wieder bewusst, wie wichtig Ergonomie ist, und ich war dankbar, die nächsten Eingriffe wieder an der Behandlungseinheit in der Klinik durchführen zu können. Jeder Helfer bringt ein Stück Erfahrung mit Durch umfassende Präventionsprogramme, nicht nur auf zahnmedizinischer Ebene, sondern auch über Projekte der „Hilfe zur Selbsthilfe“, beispielsweise mit Ernährungsprogrammen, wird hier viel Wert auf die Eigenständigkeit der Menschen vor Ort gelegt. Auch bringt jeder freiwillige Helfer ein Stück Erfahrung mit, die er weitergeben kann, um das Arbeiten zu erleichtern. Manchmal sind es auch nur kleine Veränderungen, die große Effekte bewirken. Wir haben beispielsweise die Tupfer aus Watte in Gaze eingerollt, so dass gelöste Wattefäden nicht mehr in die Wunde hinein migrieren. Die Zahnärztin, die zeitgleich mit mir vor Ort war, verbesserte mit anschaulichem selbstgemalten Bildmaterial und „Aufklärungsbögen“ das Verständnis der Patienten. Fazit Für mich persönlich hat es sich definitiv gelohnt, wieder nach Samar zu fliegen. Ich begegnete unglaublich vielen netten und dankbaren Patienten. Samar ist keine vom Tourismus geprägte Insel, was eine ganz spezielle Reiseerfahrung mit sich bringt. Abends gibt es immer ein gemeinsames Essen mit landestypischen Zutaten und vielen neuen Geschmackskomponenten. Für mich war das Schönste, all den herzlichen Menschen zu begegnen. Ich kann jedem eine Famulatur oder freiwillige Hilfe nur empfehlen, denn man nimmt diese unvergessliche Erfahrung für das Lebenmit. n zm115 Nr. 10, 16.05.2025, (871) Die Mabuhay-Klinik in Bugko auf der Insel Samar. Foto: Mabuhay St. Francis of Assisi Health Care Center Auf gestapelten Klappstühlen: Behandlung bei der Mission. Ich weiß jetzt, wie wichtig Ergonomie am Arbeitsplatz ist. Fotos: Dr. Chiara-Fabienne Pantke Situation mit gelockertem und elongiertem Zahn 11 und Situation nach Entfernung und adhäsiver Befestigung des Zahns 11 an 21.
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