Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

22 | PRAXIS URTEIL DES BAYERISCHEN VERWALTUNGSGERICHTSHOFS Zahnarzt erhält 18 Jahre nach Abrechnungsbetrug seine Approbation zurück Eine Verurteilung wegen Abrechnungsbetrug begründet kein lebenslanges Berufsverbot, wie dieser Fall zeigt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof München berücksichtigte im Prozess um die Wiedererlangung der für die Approbation erforderlichen Würdigkeit auch die beharrliche Beschäftigung des Zahnarztes mit seinen Taten und die juristische Aufarbeitung. Der Verfahren erstreckte sich auf insgesamt 18 Jahre. Der Kläger betrieb als approbierter Arzt, Zahnarzt und MKG-Facharzt ab 2001 eine Zahnarztpraxis. Zwischen September 2004 und März 2006 schädigte er nachweislich zwei Patienten beziehungsweise deren Krankenversicherungen finanziell, indem er ihnen vorsätzlich falsche und überhöhte privatärztliche Honorarrechnungen stellte. Dabei setzte der Angeklagte fast ausschließlich den Steigerungsfaktor 3,5 an, obwohl er wusste, dass die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Er rechnete auch Leistungen ab, die er nicht erbracht und nicht dokumentiert hatte. Insgesamt lag der Schaden bei mehr als 19.000 Euro. Die Patienten zahlten die Rechnungen größtenteils, bis ihnen Zweifel kamen. Die Richter berücksichtigten zu seinen Gunsten, dass der Mann sich nicht eigennützig an dem Geld bereichert hat: Seine Praxis litt seit 2002 unter zurückgehenden Patientenzahlen und Ende 2006 meldete er Insolvenz an. Er hatte zu diesem Zeitpunkt Privatschulden in Höhe von 45.000 Euro und wohnte mietfrei in einem kleinen Zimmer in der Wohnung eines Freundes. Der Strafprozess Das Amtsgericht München verurteilte ihn 2010 wegen 15 Fällen des Betrugs sowie sechs Fällen des versuchten Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung. Dagegen legten sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Am 25. März 2015 hob das Landgericht München I das Urteil des Amtsgerichts auf, sprach den Kläger des Betrugs in sechs Fällen und des versuchten Betrugs fünf Fällen schuldig und verurteilte ihn zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 50 Euro. Zu seinen Lasten wurde neben dem wirtschaftlich hohen Schaden gewertet, dass er eine Patientin zur Behandlung überredet, sie durch übertriebene Darstellung der sonst drohenden Folgen in Angst versetzt und durch die lange und schwierige Behandlung physisch und psychisch sehr belastet und damit das Vertrauensverhältnis zu der Patientin grob missbraucht hat. Approbationsentzug und Klage Im Januar 2016 widerrief die Regierung von Oberbayern schließlich die ärztliche und die zahnärztliche Approbation des Klägers wegen Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs und wegen Unzuverlässigkeit. Nicht nur habe er das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patientin grob missbraucht und damit das Vertrauen in eine patientengerechte Behandlung zerstört, sondern auch das Vertrauen, das die Öffentlichkeit dem ärztlichen Berufsstand generell entgegenbringe. Zudem fehle dem Kläger jegliches Unrechtsbewusstsein für seine begangenen Taten,. Eine im Februar 2016 eingereichte Anfechtungsklage des Mannes wies das Verwaltungsgericht München im September 2018 ab. Das Verhalten des Klägers erfülle den Tatbestand der Unwürdigkeit, urteilte das Gericht. Gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der im Strafverfahren gewonnenen Feststellungen bestünden nicht. Man könne nicht davon ausgehen, dass der Kläger in den zehn Jahren zwischen der letzten Betrugstat und der Widerrufsentscheidung seine Würdigkeit wiedererlangt habe, da er seitdem vollständig unter dem Druck der gegen ihn geführten straf- und approbationsrechtlichen Verfahren gestanden habe. Der Reifung in diesem Zeitraum komme daher geringeres Gewicht zu. Der Kampf um Rehabilitation Gegen das im Oktober 2018 zugestellte Urteil der Anfechtungsklage beantragte der Zahnarzt Berufung, die der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) auch zuließ. Einen Vergleichsvorschlag der Gegenseite lehnte der Mann ab. Er kämpfe in erster Linie für seine Rehabilitation und sei nicht bereit, seine Klagen gegen den Widerruf seiner ApprobatioSeit Sommer 2007 arbeitete der jetzt vor Gericht erfolgreiche Zahnarzt nur noch aushilfsweise und kümmerte sich stattdessen um seine juristische Rehabilitation. Foto: pitb_1 - stock.adobe.com zm115 Nr. 11, 01.06.2025, (908)

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