ZAHNMEDIZIN | 45 flächen der Oberkieferfrontzähne bei bestehendem Tiefbiss, wobei die Pulpa am Zahn 22 bereits durchschimmerte. Ebenso wurden eine generalisierte Gingivitis sowie inaktive kariöse Läsionen (ICDAS 1–3) an den Vestibulärflächen der Oberkieferfrontzähne diagnostiziert (Abbildung 1). Das restliche Gebiss wies lediglich drei kleine, suffiziente Füllungen im Seitenzahnbereich auf. Die Röntgenbefunde waren unauffällig. Als habitueller Faktor war intensives Pressen festzustellen. Im Seitenzahnbereich wurde keine pathologische Zahnabnutzung gefunden. Der BEWE-Score war aufgrund der stark lokalisierten Beschränkung der Befunde nicht aussagekräftig [Bartlett et al., 2008]. Der CMD-Kurzbefund war unauffällig. Die pathologische Zahnabnutzung hatte höchstwahrscheinlich eine multifaktorielle Genese, wobei insbesondere der Tiefbiss-bedingte Okklusionsdruck, erosive Schädigungen der Zahnhartsubstanz durch den übermäßigen Konsum zuckerhaltiger Limonade sowie eine zusätzliche parafunktionelle Belastung durch Bruxismus eine maßgebliche Rolle spielten. Die zentrale Herausforderung für eine langfristige restaurative Versorgung der Frontzahnkavitäten und für den Schutz der Oberkieferfrontzähne bestand in den limitierten vertikalen Platzverhältnissen. Gemeinsam mit dem Patienten wurden verschiedene Behandlungsoptionen erörtert. Aufgrund der Notwendigkeit der funktionellen Rehabilitation, des Pulpaschutzes der Frontzähne und der Korrektur eines Tiefbisses war eine Bisshebung erforderlich. Da die intakten Seitenzähne keinen Behandlungsbedarf aufwiesen und dem Patienten eine kostengünstige Lösung wichtig war, bot sich die Dahl-Technik als Therapieoption an. Der Patient wurde umfassend über die Behandlungsmethodik aufgeklärt, insbesondere über die fehlenden ZahnZahn-Kontakte im Seitenzahnbereich, die zu Beginn zu möglichen Problemen bei der Nahrungsaufnahme und beim Sprechen führen können. Außerdem wurde er darauf hingewiesen, dass die genaue Behandlungsdauer schwer vorherzusagen sei. In der Literatur werden Behandlungszeiträume von bis zu 1,5 Jahren beschrieben, auch wenn sich bei den meisten Patienten die Okklusion bereits nach wenigen Monaten einstellt [Poyser et al., 2005]. Gemeinsam mit dem Patienten wurden zudem Maßnahmen besprochen, mit denen man die Ursachen beseitigen kann, die zur Entstehung der palatinalen Substanzdefekte geführt haben – etwa indem er die Frequenz der Säurezufuhr durch Getränke reduziert und das Pressen abstellt. Zunächst wurden zeitnah die kältesensiblen Frontzahnkavitäten versorgt. Eine professionelle Zahnreinigung und Mundhygieneinstruktionen folgten. Bei den Folgeterminen zeigten sich bereits eine deutliche Verbesserung der Mundhygiene und eine gesteigerte Motivation des Patienten, die Probleme langfristig zu lösen (Abbildung 2). Im nächsten Schritt erfolgte eine Bisshebung durch direkte Kompositaufbauten in der Oberkieferfront, wodurch eine Sperrung des Bisses im Seitenzahnbereich um circa 1 mm erreicht wurde (Abbildung 3). Zur Formgebung der Aufbauten kam eine laborgefertigte Schiene zum Einsatz, um die palatinalen Aufbisse zu modellieren. Die Trockenlegung erfolgte mittels Kofferdam und Ligaturen. Der Aufbau der Zähne erfolgte alternierend, so dass eine Isolierung der Zähne von den Nachbarzähnen mittels Teflonband möglich war. Die Konditionierung der Zähne erfolgte über das Abstrahlen der Palatinalflächen mit Al2O3 (50µm) sowie anschließender Etch-and-RinseTechnik (OptiBond FL, Kerr, Kloten, Schweiz). Zur Restaurierung wurde ein fließfähiges Komposit (Ceram.x Spectra ST flow, Dentsply Sirona, Bensheim, Deutschland) direkt durch die Schiene auf die Flächen appliziert und ebenfalls durch die Schiene hindurch lichtgehärtet (Composite injection technique [Veneziani, 2025]) (Abbildung 4). Die Aufbauten wurden im Anschluss ausgearbeitet und poliert. zm115 Nr. 11, 01.06.2025, (931) Abb. 3: Digitales Wax-up der anatoform gestalteten palatinalen Aufbisse Foto: Schober Zahn.tech, Berlin Abb. 2 Frontalansicht nach Mundhygienephase und Kompositrestaurationen der Zähne 21 und 22 Foto: Florentina Melzow
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=