24 | PRAXIS RECHTSPRECHUNG ZUR ÜBERNAHME DER BEHANDLUNGSKOSTEN Wenn die PKV nicht zahlen will Wieland Schinnenburg Die Private Krankenversicherung (PKV) erweckt gerne den Eindruck, dass sie umfassenden Versicherungsschutz bietet und man sich wegen der Behandlungskosten keine Sorge machen muss. In der Praxis stellen Patienten und ihre Zahnärzte allerdings immer wieder fest, dass die Behandlungskosten nur teilweise erstattet werden. In solchen Fällen helfen oft Gesetzgebung und Rechtsprechung – hier die wichtigsten Tipps. 1. Patient hat Recht auf Einsicht in Gutachten und Stellungnahmen Wenn die PKV einen Teil der Behandlungskosten nicht erstatten will, beruft sie sich meistens auf Gutachten oder Stellungnahmen ihrer „Beratungszahnärzte“. Nach § 202 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf Auskunft und Einsicht in diese Unterlagen. Dieses Recht sollte der Patient immer in Anspruch nehmen und – gegebenenfalls mithilfe seines Zahnarztes – die Ausführungen des „Beratungszahnarztes“ prüfen und ihnen entgegentreten, falls erforderlich. 2. Anforderungen an „medizinische Notwendigkeit“ einer Behandlung sind gering In § 1 Abs. 2 der Musterbedingungen für die Krankheitskostenversicherung, die fast immer Basis des konkreten Versicherungsvertrags sind, heißt es: „Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen.“ Nicht selten bestreitet die PKV, dass einzelne Behandlungsschritte medizinisch notwendig sind und verweigert die Erstattung der Kosten. Bei zahnärztlichen Behandlungen geht es dabei meist um die Zahl der Teleskopkronen oder Implantate und funktionsanalytische Maßnahmen. Der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen, hilft hier in ständiger Rechtsprechung den Patienten. „Demgemäß muss es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar gewesen sein, die Heilbehandlung als notwendig anzusehen.“ „Von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung […] wird daher dann auszugehen sein, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt worden ist, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken.“ (BGH, Az.: IV ZR 533/15, Rz. 28, 30, ständige Rechtsprechung) „Insbesondere ist § 1 Abs. 2 MB/KK nicht zu entnehmen, dass außer der medizinischen Notwendigkeit andere (finanzielle) Aspekte bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Heilbehandlung eine Rolle spielen sollen.“ (BGH, Az.: IV ZR 323/18, Rz. 20) Die gewählte Behandlungsmethode muss also nur geeignet sein, sie muss nicht die finanziell günstigste sein. Hier wird der Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung deutlich, für die das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V gilt. 3. PKV muss vor Behandlungsbeginn über die Erstattungsfähigkeit entscheiden Manchmal empfehlen Zahnärzte ihren privat versicherten Patienten sehr aufwendige und teure Behandlungen, die die Patienten ohne Hilfe ihrer PKV nicht bezahlen können. In solchen Fällen wollen sie natürlich vorab sicher sein, dass die PKV die entstehenden Kosten übernimmt. Der BGH hat auch insoferndenPatientengeholfen:WennderPatientseinerPKV einen entsprechenden Heil- und Kostenplan vorlegt, muss die PKV verbindlich mitteilen, ob und gegebenenfalls welche Kosten sie tragen wird. Wenn das die PKV nicht tut, kann der Patient insofern eine sogenannte Feststellungsklage erheben. (BGH; Az. IV ZR 131/05, Rz. 14). 4. Hürden für Leistungseinschränkungen sind erheblich In den Versicherungsbedingungen finden sich oft Einschränkungen der oben genannten weitgehenden Leistungspflicht aus § 1 Abs. 2 der Musterbedingungen. Diese Wenn die PKV die Behandlungskosten nicht übernehmen will, sollten Patienten – und Zahnärzte – ihre wichtigsten Rechte kennen. Foto: Coloures-Pic – stock.adobe.com zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1002)
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