34 | ZAHNMEDIZIN DMS • 6 IM DETAIL – TEIL 5: MIGRATION Migration als Risikofaktor für schlechtere Mundgesundheit A. Rainer Jordan Der fünfte Teil der Reihe zur Sechsten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS • 6) befasst sich mit dem Zusammenhang zwischen Migrationsgeschichte und Mundgesundheit, der erstmals in solch einem Umfang untersucht wurde. Migration ist ein zentrales Thema in der deutschen Gesellschaft und prägt das Land seit Jahrzehnten in vielfältiger Weise. Schon in den 1950er-Jahren wurden sogenannte Gastarbeiter aus Ländern wie Italien, der Türkei und Griechenland nach Deutschland eingeladen, um beim wirtschaftlichen Aufbau mitzuwirken. In den letzten Jahren hat das Thema Migration vor allem durch Fluchtbewegungen, zum Beispiel im Zuge des Syrienkriegs oder der politischen Instabilität in anderen Regionen, erneut große Aufmerksamkeit erhalten. Besonders 2015 und 2016 kam es zu einem starken Anstieg der Zuwanderung. Deutschland profitiert als Einwanderungsland in vieler Hinsicht von Migration. Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel in vielen Branchen machen qualifizierte Zuwanderung notwendig. Viele von ihnen arbeiten in sozialen Berufen oder leisten wichtige Beiträge im Gesundheitswesen. Migrationsgeschichte und gesundheitliche Probleme Ein bedeutender Aspekt ist die körperliche Gesundheit von Migrantinnen und Migranten – unabhängig von ihrem Migrationshintergrund. Menschen, die im Rahmen der Arbeitsmigration nach Deutschland kamen, haben häufig jahrzehntelang in körperlich anstrengenden Berufen gearbeitet. Viele von ihnen leiden im Alter unter chronischen Erkrankungen wie Rückenleiden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Gleichzeitig nutzen sie Gesundheitsangebote seltener, teils wegen der Sprachbarrieren, teils aus kulturellen oder strukturellen Gründen. Auch die Gruppe der Spätaussiedler, vor allem aus Russland, der Ukraine und anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, bringt spezifische gesundheitliche Probleme mit. Viele von ihnen sind in ländlichen oder industriell belasteten Regionen aufgewachsen, wo die medizinische Versorgung eingeschränkt war. Studien zeigen, dass Spätaussiedler häufiger unter chronischen Erkrankungen, Stoffwechselstörungen oder Zahnproblemen leiden. Gleichzeitig gibt es auch hier Zugangshürden zum deutschen Gesundheitssystem – insbesondere bei älteren Menschen, die mit der Sprache, Bürokratie oder neuen medizinischen Strukturen Schwierigkeiten haben. Auch kulturelle Unterschiede im Umgang mit Prävention oder Arztbesuchen spielen eine Rolle. Bei neu zugewanderten Geflüchteten stehen wiederum andere gesundheitliche Herausforderungen im Vordergrund. Viele waren auf der Flucht extremen körperlichen Belastungen, Mangelernährung oder unzureichender medizinischer Versorgung ausgesetzt. Dadurch treten bei dieser Gruppe häuFoto: IDZ zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1012)
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