Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 12

zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1014) 36 | ZAHNMEDIZIN und Seniorinnen und Senioren: 49 versus 43 Prozent). Entsprechend wurden höhere Prävalenzraten für Zahnfleischbluten und klinisches AttachmentLevel ≥3 mm bei Erwachsenen beziehungsweise Seniorinnen und Senioren mit Migrationsgeschichte beobachtet. In sämtlichen drei Altersgruppen wurden Differenzen in den Krankheitsund Versorgungsprävalenzen zwischen Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte festgestellt. Die Auswertung ergab, dass die Menschen mit Migrationsgeschichte eine höhere Prävalenz oraler Erkrankungen aufwiesen und ein eher beschwerdeorientiertes Inanspruchnahmeverhalten zahnärztlicher Dienstleistungen zeigten. Es handelt sich hierbei um die ersten bundesweit repräsentativen Untersuchungsergebnisse. Eigenständiger Risikofaktor für schlechtere Mundgesundheit Bemerkenswert ist, dass sich hinsichtlich der Erkrankungen fast durchgängig ein linearer Gradient entlang der Migrations-Generationen darstellte, in dem Sinne, dass die größten Mundgesundheitseinschränkungen bei Menschen mit Migrationsgeschichte der ersten Generation gefunden wurden, gefolgt von Menschen, die selbst hierzulande geboren sind, aber deren beide Elternteile immigriert sind (2. Generation), gefolgt von Menschen ohne Migrationsgeschichte. Selbst nach Berücksichtigung (statistischer Adjustierung) von Faktoren wie Alter, Geschlecht und Bildungsstand wiesen Menschen mit Migrationsgeschichte immer noch mehr Zahnbelag, mehr Zahnfleischbluten und mehr Karies auf. Außerdem putzten sie ihre Zähne seltener und klagten häufiger über Zahnprobleme. Vor diesem Hintergrund betrachten wir aktuell Migrationsgeschichte als eigenständigen Risikofaktor für schlechtere Mundgesundheit. Unsere DMS6-Spezialisten für Migrationsforschung haben daher folgende Schlussfolgerungen zu den Ergebnissen der Studie gezogen: „Nach aktuellem Kenntnisstand handelt es sich bei dieser Studie um die erste groß angelegte Kohortenstudie, die den Zusammenhang zwischen Migrationsgeschichte und verschiedenen mundgesundheitsbezogenen Merkmalen altersübergreifend untersucht. Es zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen Migrationsgeschichte und einem schlechteren Mundgesundheitszustand sowie einem schlechteren Mundgesundheitsverhalten – selbst nach Adjustierung für Alter, Geschlecht und Bildung." Diese Ergebnisse weisen auf die Bedeutung der Migrationsgeschichte als zentralen Einflussfaktor auf die Mundgesundheit hin und verdeutlichen die Notwendigkeit gezielter Maßnahmen zu ihrer Verbesserung: "Zukünftige Forschung sollte sich verstärkt auf migrationsbezogene Faktoren, Gesundheitskompetenz und gesundheitsbezogenes Verhalten konzentrieren, um die beobachteten Unterschiede besser zu erklären und gezielte Präventions- und Versorgungsangebote für Menschen mit Migrationsgeschichte entwickeln zu können.“ Fazit Migrantinnen und Migranten sind gesundheitlich oft benachteiligt. Eine bessere Aufklärung, kultursensible medizinische Versorgung, mehrsprachige Informationsangebote sowie ein einfacher Zugang zu Vorsorge und Therapie sind entscheidend, um gesundheitliche Ungleichheiten abzubauen und die körperliche Gesundheit aller in Deutschland lebenden Menschen zu fördern. n Foto: IDZ DIE DMS • 6 IM DETAIL – ALLE FOLGEN Bereits erschienen: n Teil 1 – Karies: zm 8/2025 n Teil 2 – Parodontalerkrankungen: zm9/2025 n Teil 3 – Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation: zm 10/2025 n Teil 4 – Herz-Kreislauf-Erkrankungen: zm 11/2025 Weitere Folgen: n Zahnverlust: zm 13/2025 Prof. Dr. med. dent. A. Rainer Jordan, MSc Wissenschaftlicher Direktor Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) Universitätsstr. 73, 50931 Köln Foto: IDZ

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