zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1028) 50 | PRAXIS zustellen. Multimediale Inhalte (etwa Erklärvideos) ergänzt man durch barrierefreie Alternativen. Weitere Maßnahmen Ein wichtiger Bestandteil barrierefreier Websites sind sogenannte AccessibilityWidgets, die Nutzern individuelle Anpassungen ermöglichen. Hierzu zählen Funktionen wie das Vergrößern von Schriften, die Einstellung von Zeilenund Buchstabenabständen, die Wahl kontrastreicher Farbmodi wie dem Dunkelmodus oder Farbschwächefilter oder auch die Aktivierung eines Screenreaders. Diese Werkzeuge bieten vor allem denen Unterstützung, die auf bestimmte Darstellungsformen oder Eingabemethoden angewiesen sind. Da es sich um ein neues Gesetz handelt, setzen die meisten Websites – mit Ausnahme einiger Behörden – die WCAG-Richtlinien bisher nicht um. Es ist möglich, dass Google-optimierte Websites bereits die Richtlinien der Stufe A erfüllen, da diese nicht nur ein Barrierefreiheits-, sondern auch ein Ranking-Faktor sind. Die benötigte Stufe AA wird vermutlich erst mit dem Einsatz des Widgets validiert sein, da Website-Inhaber in der Regel nicht auf Gestaltung und Ästhetik verzichten wollen. Gemäß § 37 BFSG kann bei schwerwiegenderen Verstößen eine Geldbuße von bis zu 100.000 Euro verhängt werden. In allen anderen Fällen kann die Geldbuße bis zu 10.000 Euro betragen. Die genaue Strafe hängt von der Schwere des Verstoßes und seinen Auswirkungen auf Einzelpersonen ab. Fazit: Barrierefreiheit als Wettbewerbsvorteil nutzen Barrierefreiheit ist mehr als nur eine gesetzliche Auflage: Sie ist ein Wettbewerbsvorteil, ein Qualitätsmerkmal und ein Beitrag zur digitalen Teilhabe. Praxen, die heute in Barrierefreiheit investieren, sind morgen im Vorteil – rechtlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Barrierefreiheit ist kein einmaliger Arbeitsschritt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Regelmäßige Tests mit Betroffenen, automatisierte Prüfungen und die Einbindung barrierefreier Standards in Design- und Entwicklungsprozesse sind entscheidend für eine langfristige digitale Inklusion. Dabei sollte Barrierefreiheit nicht als Pflicht verstanden werden, sondern als Chance. Denn eine barrierefreie Website ist immer auch eine benutzerfreundlichere Website. Sie bietet klare Strukturen, bessere Lesbarkeit, höhere Auffindbarkeit in Suchmaschinen und eine positive Nutzererfahrung für alle Besucher – unabhängig davon, ob sie eine Einschränkung haben oder nicht. Auch temporäre Einschränkungen – etwa durch eine gebrochene Hand, eine Sehschwäche nach einer Operation oder schlicht Lichtverhältnisse – können durch ein barrierefreies Design abgefedert werden. Wer seine Website barrierefrei gestaltet, macht sie nicht nur gesetzeskonform, sondern auch zukunftsfähig. Es wird ein digitales Angebot geschaffen, das alle Menschen gleichermaßen inkludiert und man sendet damit eine klare Botschaft: Alle sind willkommen! n MUSS ICH MEINE PRAXIS-WEBSITE ANPASSEN? Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hat Kontakt mit der Bundesfachstelle Barrierefreiheit aufgenommen, um zu eruieren, inwieweit Praxis-Websites vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) betroffen sind. Für die Zahnarztpraxen kann danach beispielsweise die Möglichkeit der Terminbuchung auf der eigenen Website als sogenannte Dienstleistung im elektronischen Rechtsverkehr dazu führen, dass das BFSG ab dem 29.06.2025 Anwendung findet. Die Pflicht zur Anpassung der Praxis-Website besteht daher nach Auffassung der Bundesfachstelle, wenn die Praxis Online-Tools zur Terminbuchung auf der Website implementiert hat. Wird jedoch auf der Website lediglich auf einen Drittanbieter verlinkt, der dann für die Praxis die Terminbuchung übernimmt, besteht für die Praxis keine Pflicht nach dem BFSG. Da jede Praxis-Website einzelfallbezogen zu betrachten sein wird, empfiehlt die BZÄK mit einem IT-Berater zusammenzusetzen und zu eruieren, ob das BFSG zu berücksichtigen ist. Quelle: BZÄK Zum Hintergrund: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, kurz BFSG, wurde am 15.06.2022 verabschiedet und definiert Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28.06.2025 in den Verkehr gebracht oder erbracht werden. Darunter fallen unter anderem der gesamte Online-Handel, Hardware, Software, aber auch Personenverkehr oder Bankdienstleistungen. Die neue Regelung geht aus der EU-weiten Richtlinie zur digitalen Inklusion hervor. Ziel ist es, Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe an der digitalen Welt zu ermöglichen. Das BFSG betrifft grundsätzlich Hersteller, Händler und Importeure von bestimmten Produkten sowie Dienstleistungserbringer. Emmanuel Croué Geschäftsführer praxiskom Die Praxisberatung betreut seit 2003 Zahnärzte, Kieferorthopäden und Kieferchirurgen im Bereich Praxismarketing mit der Zielsetzung, Neupatienten und Mitarbeitende zu gewinnen, Patienten zu binden sowie deren Praxis als eine starke lokale Marke zu etablieren. Foto: praxiskom
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