Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 12

ZAHNMEDIZIN | 63 einer Ritualisierung, die das Kind gegen entstehende Ängste ,,immunisieren‘‘ könne. Konkrete Leitlinien für Kinder gibt es bisher nicht, Markgraf-Stiksrud legte zur Vertiefung des Wissens die S3Leitlinie ,,Zahnbehandlungsangst bei Erwachsenen‘‘ nahe, die derzeit aktualisiert wird. Man darf auf dem sozialen Auge nicht blind sein Die Rechtsmedizinerin Prof. Sibylle Banaschak (Köln) erläuterte die potenzielle Rolle der Zahnmedizin im Kinderschutz. Dabei stellte sie praxisnah die rechtlichen Grundlagen, Informationsquellen, Ansprechpartner und Vorgehensweisen bei Verdacht auf Vernachlässigung und Kindeswohlgefährdung vor, wichtig war ihr, dass die Hilfe möglichst im interprofessionellen Austausch erfolgen sollte. Sie betonte, dass Vernachlässigung und Gewalt gegen Kinder in allen gesellschaftlichen Schichten stattfinden und man somit „auf dem sozialen Auge nicht blind“ sein dürfe. Alle (Kinder-) Zahnärztinnen und -ärzte könnten sich kostenlos bei der medizinischen Kinderschutzhotline (Telefonnummer 0800-19 210 00) rund um die Uhr beraten lassen. Am Samstag stand im Hauptprogramm die „Pulpa“ sowohl beim Milchzahn als auch bei permanenten Zähnen im Fokus, während im Teamprogramm die „Kommunikation“ erneut die zentrale Rolle spielte. Prof. Dr. Jan Kühnisch (München) schilderte in seinem Vortrag den Paradigmenwechsel in der (Kinder-)Zahnmedizin. Ziel sei, die Pulpa – wenn möglich – nicht zu eröffnen und vital zu erhalten. Eine vollständige zentrale Kariesentfernung sei nicht sinnvoll, stattdessen sollte ledriges kariöses Dentin pulpennah belassen werden. Die Verwendung von Silber-Diamin-Fluorid (SDF) stelle zudem eine gute Möglichkeit dar, eine Karies zu inaktivieren, bis eine ausreichende Adhärenz beim jungen oder ängstlichen Kind für eine definitive Versorgung gegeben ist. Auch die HallTechnik sei eine gute Option für die Kariestherapie im Milchgebiss. Darauf folgte Prof. Dr. Katrin Bekes (Wien) mit ihrer Präsentation zur „Pulpotomie – State of the Art“, in der sie auf aktuelle Leitlinien und moderne Materialien einging. Eine gute Diagnostik und die röntgenologische Bildgebung seien elementar für den Erfolg einer Pulpotomie. Sie wies darauf hin, dass Formokresol keine Verwendung mehr finden darf. Die Perspektive einer Schwerpunktpraxis wurde von Dr. Maike Jost-Mihrmeister (Köln) dargestellt. Sie stellte praxisnahe Fallbeispiele zur Endodontie im Milchgebiss und im permanenten Gebiss vor. Wichtig sei neben einer guten Befundung und klaren Diagnosestellung die gewissenhafte Durchführung der Maßnahme. Darüber hinaus zeigte der Endodontologe Dr. Christoph Kaaden (München) anhand anschaulicher Fälle und Videos, dass auch in herausfordernden Situationen nach Frontzahntrauma und nicht optimaler Ersttherapie unter anderem durch eine reparative endodontische Therapie der Zahnerhalt möglich ist. Dr. Hubertus van Waes (Zürich) rundete diese Session mit seiner „Quintessenz aus 40 Jahren Traumatologie“ ab. Fazit Die Jahrestagung 2025 der DGKiZ bot eine exzellente Mischung aus kommunikativen Impulsen, praktischen Fällen und wissenschaftlicher Tiefe. Besonders hervorzuheben war der Fokus auf Teamarbeit und kindgerechter Kommunikation. Die Tagung im eindrucksvollen Plenarsaal des ehemaligen Bundestags in Bonn war in allen Belangen ein voller Erfolg und unterstrich die zentrale Bedeutung der Kinderzahnmedizin für die Zukunft unseres Berufsstands. n Mit der Verabschiedung der Kongressteilnehmenden wurde zugleich zum 4. Gemeinschaftskongress der zahnmedizinischen Fachgesellschaften (mit Beteiligung der DGKiZ, 30.10. bis 1.11.2025 in Berlin) sowie zur 33. DGKiZ-Jahrestagung eingeladen, die vom 9. bis zum 12. September 2026 unter dem Motto ,,Vernetzt denken – erfolgreich therapieren‘‘ in Kassel stattfinden wird. zm115 Nr. 12, 16.06.2025, (1041) Die Urkunde für den ersten Platz beim Oral-B-Preis für Kinderzahnmedizin und Prävention nahm PD Dr. Richard Wierichs (Bern) in Vertretung für die Arbeitsgruppe in Empfang (v. l. n. r.: Prof. K. Bekes, PD R. Wierichs, Dr. D. Grotzer, Prof. U. Schiffner). Foto: Schmoeckel PD Dr. med. dent. habil. Julian Schmoeckel, M.Sc. Oberarzt der Poliklinik für Kinderzahnheilkunde, ZZMK Universitätsmedizin Greifswald Walther-Rathenau-Str. 42, 17475 Greifswald Foto: privat Dr. med. dent. M. Sc. Antje Geiken Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Zentrum Zahn-, Mundund Kieferheilkunde Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie OÄ und Leiterin des Funktionsbereiches Kinder- und Jugendzahnmedizin Arnold-Heller-Str. 3, Haus B D-24105 Kiel Foto: Geiken

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